von Tena Stivicic
Aus dem Kroatischen von Olja Alvir 4D / 5H / 1DEK
frei zur dtspr. EA
SNG Drama Ljubljana, 2021/22, Photographer: Peter Uhan
Eine Handvoll Menschen gelangt mit einem Ruderboot auf eine öde, einsame Insel. Man hat den ultimativen Urlaub gebucht – das Deluxe-Paket bietet Abenteuer, Rückzug in die Natur, Ausstieg aus dem schlichten Alltag sowie kein Internet und keinen Handyempfang – die ganz besondere Freiheit also.
Inkludiert im Paket ist die Jagd auf einen „Wilden“. Fasziniert von dem unkultivierten und mystischen Geschöpf, geraten sie in eine Kontroverse, wer am besten von ihnen geeignet scheint, sich um ihn anzunehmen. Rudi, so sein Name, gerät aber immer mehr in den Hintergrund, denn in eitlen Selbstdarstellungen demaskieren sich die Reisenden und zeigen ihre Frustrationen, ihre Irregularität, ihre Ängste. Die Widersprüchlichkeit aller ist unvereinbar, es ist für die Gruppe nicht möglich, eine homogene Gesellschaft zu bilden. Der Entspannungsurlaub hält aber noch eine Abweichung vom geplanten Programm für sie bereit …
Tena Štivičić webt geschickt Kabarett-Elemente in ihren hochdramatischen, spannenden Theatertext ein. Selbst in Ausnahmesituationen schafft es die Gesellschaft nicht, aufeinander einzugehen und miteinander Lösungen umzusetzen.
Angelehnt an Mark Twains berühmten Klassiker schufen Clemens Pötsch und Felix Metzner eine Fassung, die ins Amerika der 1960er Jahre verfrachtet wurde.
Das amerikanische St. Petersburg ist auch hier Schauplatz der dreisten Streiche von Tom Sawyer, an seiner Seite die aufgeweckte Finnea Huckleberry, genannt Huck. Als Dritte im Bunde gesellt sich die neue Klassenkameradin Becky Thatcher dazu.
Als sie beim nächtlichen Spiel – sie veranstalten die erste Mondlandung – auf einem verlassenen Gelände den Mord an einer Enthüllungsjournalistin beobachten, fliehen sie auf eine verlassene Insel, aus Angst, man könnte ihnen nicht glauben. Denn der Mörder ist der angesehene Betreiber des neu errichteten Atomkraftwerkes. Die kluge Becky bastelt aus Gegenständen, die sie in einer aufgelassenen Fabrik finden, ein Radio. So erfahren sie nach ein paar Tagen, dass die Suche nach ihnen eingestellt wurde, vermutlich seien sie im Mississippi ertrunken. Ein Unschuldiger soll für den Mord angeklagt werden. Doch der Gerechtigkeit muss Genüge getan werden, also beschließen sie, bei ihrer eigenen „Beerdigung“ wieder aufzutauchen …
In dieser modernen Version behält Tom Sawyer seinen Lausbubencharme und aus dem Finn wird eine zeitgerechte Finnea. Freundschaft, Abenteuer, Diskriminierung, Umweltsünden und der gute, alte Elvis Presley sind weitere Bausteine dieser gescheiten und lebhaften Geschichte.
von Henry Mason
1H / Simultanbühne
frei zur DEA ab 10 Jahren
Eine Theatererzählung für einen musizierenden Schauspieler
UA 2022, Theater des Kindes, Linz
Orpheus wächst bei seiner Mutter Kalliope und acht Tanten auf. Schon früh zeigt sich, er ist ein musikalisches Wunderkind. Er wird ein begnadeter Musiker, der bald große Konzerte gibt, geliebt und angehimmelt von allen. Aber er bleibt voller Sehnsucht. Da holen ihn die Argonauten in ihr Boot, denn einen, der mit seinen Liedern das Meer glätten und Ungeheuer in den Schlaf singen kann, können sie gut gebrauchen bei ihrem Raubzug nach dem Goldenen Vlies. Am Abend vor der Abreise erscheint ihm Eurydike.
Nach seiner Rückkehr, ein Jahr später, heiraten Orpheus und Eurydike. Beim ausgelassenen Hochzeitsfest ist jeder trunken von Musik, auch die Schlange, sie ist angelockt von der Tanzmusik und beißt der Braut in den nackten Fuß. Eurydike stirbt. Orpheus kann seine Geliebte nicht lassen, er will sie von den Toten zurückholen. Er geht bis ans Ende der Welt und steigt in die Unterwelt hinab.
Als er Eurydike findet, beginnt er seine Leier zu spielen, und sie erwacht aus ihrer Agonie, sie erkennt ihn. Auch die anderen Toten erheben sich und tanzen zu seiner Musik. Die Totengötter erlauben Eurydike mit Orpheus mitzugehen, wieder in das Leben. Doch er darf sich auf dem Weg nach oben nicht ein einziges Mal umdrehen, sonst ist sie für ihn für immer verloren. Die beiden Liebenden hetzen nach oben, den dreiköpfigen Hund kann Orpheus mit einem Schlaflied besiegen. Endlich oben angekommen herrscht absolute Stille. Er glaubt, von den Göttern betrogen worden zu sein, denn er spürt Eurydike nicht mehr hinter sich und dreht sich um. Da wird die gerade noch lächelnde Eurydike nach unten gezogen.
Mama und Kind verbringen nun wieder viel Zeit im Garten, nachdem der Winter endlich vorbei ist. Und was es da alles zu entdecken gibt!
Der kleine Adam darf selbst einen Samen aussetzen, und als das Pflänzchen sprießt, muss eifrig gegossen werden, bis es im Sommer erblüht.
Aus Raupen werden Schmetterlinge, und kleine Kinder wachsen aus ihren Kleidern heraus. Der Herbst bringt Kummer für das Kind, seine Pflanze ist gestorben. Im Winter darf der Garten ruhen, die Fotos aus dem Sommer helfen über die kalte Zeit. Und dann kommt ja doch wieder der Frühling, und neue Samen können gedeihen.
(Rumeur) von Thierry Janssen
Aus dem Französischen von Margret Millischer 3D / 2H / Stimmen, Videoaufzeichnungen / Simultanbühne
frei zur dtspr. EA
Der berühmte Unternehmer Markus Zingerman hat einen Biotreibstoff als Alternative zum Erdöl entwickelt, der eine Lösung für die aktuellen Umweltprobleme bringen soll. Er wird mit Hilfe von gentechnisch veränderter Organismen aus Weizen und Zuckerrohr hergestellt, die in China angebaut werden. Doch dann bricht dort eine tödliche Epidemie aus, die mit dem Anbau im Zusammenhang stehen soll. Zingerman wird vom internationalen Strafgerichtshof wegen ökologischem Genozid zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. TV-Starjournalistin Lisa erhält die Genehmigung, Zingerman im Gefängnis zu interviewen. Sie will die Wahrheit erfahren. Ein verbales Duell entspinnt sich zwischen den beiden, mit Lügen, Unterstellungen, unerwarteten Wendungen, bei dem es darum geht, die zerstörerische Wirkung von Gerüchten aufzuzeigen.
Das Stück zeigt die horrenden Mechanismen von Gerüchten auf, so dass man schließlich an allem und allen zweifelt.
von Ron Markus
2D / 4H / Simultanbühne
frei zur UA
Das Phänomen: Alzheimer-Patienten im Spätstadium leben in einer Nebelwelt, doch Musik aus ihrer Vergangenheit kann sie auf wundersame Weise wieder zum Leben erwecken und ihre Erinnerungen und Gefühle zurückbringen.
Die Geschichte: Hotte, Mitte 70, früher Entertainer und Lebemann, heute an Alzheimer erkrankt, lebt zurückgezogen in einem Berliner Altersheim. Seine Tochter Jana, Anfang 50 und Sängerin, will eigentlich nichts mehr mit ihm zu tun haben, schließlich hat er die Familie vor 40 Jahren im Stich gelassen – eine tiefe Wunde. Doch dann erfährt sie, dass ihr Vater 200.000 Euro Schwarzgeld versteckt hat. Allein, er hat vergessen, wo.
Jana, in finanziellen Nöten, versucht, ihrem Vater das Geheimnis seines Geldverstecks zu entlocken – sie singt ihm die Lieder seiner Vergangenheit vor. La Paloma, Greensleeves, House Of The Rising Sun, As Time Goes By. Hotte erwacht zu neuem Leben, Jana aber stürzt die intensive Begegnung in ein Wechselbad der Gefühle.
Ein Theaterstück mit gemeinfreien populären Songs, Traditionals und Evergreens. Eine Hommage an unvergessliche Lieder und die Magie der Musik.
Eine Sammlung von 30 Sonetten für 2 Spieler*innen, 1 Sprecher*in und Klavier.
Viele Sommermorgen lang sah ich die Sonne aufgehen über den Kämmen des Taygetos, ohne sich ein einziges Mal zu wiederholen. Und das seit Ewigkeiten.
(Heinz R. Unger)
„Dass das Spiel an Tasten und Saiten in Verbindung mit den gesprochenen Texten von Heinz R. Unger eine besondere Spannung erzeugt, zeigt, wie sich Komponist und Texter ergänzten. Wagt man sich als Interpreten an diese Werke, so wird man feststellen, dass sie ungeheure Präzision und ein hohes Gespür für Timing verlangen, belohnen aber auch gleichermaßen mit Freude und Glück.“
Seit gegen Ende des 20. Jahrhunderts in vielen Ländern die Fristenlösung eingeführt wurde, kann eine Frau allein entscheiden, ob sie ihre Schwangerschaft unterbrechen will. Zunehmend entstehen Strömungen, die dieses Recht der Frau wieder rückgängig machen wollen (siehe USA und Polen). Ethische und medizinische Diskurse zu diesem Thema stehen an vorderster Stelle.
Dieses Stück erzählt von Frauen aus Polen, Ungarn, Slowakei, die in eine Wiener Abtreibungsklinik kommen, um den Eingriff vornehmen zu lassen. Sie legen ihre verschiedenen Beweggründe dar, offenbaren ihre Angst und berichten, wie schwierig es in ihrer Heimat ist, Hilfe oder Unterstützung zu finden. Muss frau sich dafür schämen, DAS machen zu lassen? Muss sie sich rechtfertigen? Darf sie in der Praxis vor dem Eingriff unbekümmert ein Magazin lesen, oder muss sie eine Leidensmine zur Schau stellen?
Bei den vorangehenden Gesprächen mit dem medizinischen Personal tun sich Welten auf, langjährige Ehepaare müssen über richtige Verhütung aufgeklärt werden, religiöse Gründe hindern Frauen daran, überhaupt zu einem Arzt gehen zu dürfen, eine versteht den Vorgang der Abtreibung nicht.
Magdalena Marszałkowska versteht es, einem so heiklen und schwierigen Unterfangen auch noch einen Schuss Humor beizufügen, zum Durchatmen und Innehalten.
Missmutig betritt die Prinzessin ihr Zimmer und setzt sich unschlüssig auf ihren Prinzessinnenthron. Und da ist sie wieder, die große Langeweile. Auch die gutgemeinten Ratschläge ihres Dieners helfen da nicht weiter. Bis er endlich ein altes, kleines Buch aus seiner Jacke zieht und beginnt, ihr daraus vorzulesen. Unversehens wird die Prinzessin nun selbst Teil dieser Geschichte und begibt sich auf eine Wanderung in ein unbekanntes, seltsames Land. Dort trifft sie einen Hasen und einen Landstreicher, die behaupten, die Rüben in ihrem Korb seien Glücksrüben und sie selbst zwei edle Ritter.
Die Wirklichkeit sieht aber ganz anders aus. Der Hase wird gesucht, weil er sich dem königlichen Kochtopf entzogen hat, und der Landstreicher, weil er so unverfroren gewesen war, ein vierblättriges Kleeblatt von der Wiese zu pflücken. Dies ist nämlich in jenem Reiche strengstens verboten, da der König höchstselbst alles Glück verwaltet und in seiner großen Truhe sammelt.
Als ein grimmiger Herold auftaucht und die beiden „Ritter“ plötzlich die Flucht ergreifen, steht die Prinzessin ganz allein da. Schließlich führt sie der Herold in des Königs Schloss. Da sie gesteht, Hase und Landstreicher zu kennen, findet sie sich schließlich im kalten, feuchten Kerker wieder …
Ein phantasievolles Theaterstück über Freundschaft und Glück für Kinder ab drei Jahren.
von Sophie Reyer
2H / Stimmen vom Band / Simultanbühne
frei zur UA
Monstermutter Mina Minotaura, Queen of the Biomacht, hält Dr. Dad in einer Kraterlandschaft gefangen. Sie beauftragt ihn, einen perfekten, unverwundbaren Körper zu bauen, ein Kind mit Flügeln, eines, das man formen kann, wie Wachs, aber ohne Emotionen: Skyborg. Bei der Programmierung von Skyborg scheint jedoch nicht alles glatt zu laufen, denn mittendrin stürzt das System ab. Und Skyborg und Dr. Dad entwickeln eine zarte Freundschaft, Mensch und Maschine bauen eine Beziehung zueinander auf.
Doch Skyborg versucht zu entfliehen, er will keine Maschine sein, er will Mensch sein und Liebe empfinden. Nach seinem gescheiterten Fluchtversuch beschließen er und Dr. Dad gemeinsam der Queen of Biomacht zu entkommen. Um von ihr nicht entdeckt zu werden, müssen sie immer höher aufsteigen, doch sie fliegen zu hoch ins Licht …
Den „Faust“ zu überschreiben, gleicht einer Kletterpartie im Hochgebirge. Die Herausforderung entwickelt sich in der dünnen Luft der Metaphysik dieses Stückes. Seine Form, seine Sprache, sein Aufbau: All das ist anders zusammengesetzt als die Hervorbringungen der Moderne. Seine Figuren agieren aus anderen Motiven. Gehorchen anderen Gesetzlichkeiten. Ihre Gefühlswelt – schwierig nachvollziehbar. Wieso will Gretchen noch mal in den Tod? Warum mordet sie ihr Kind? Welche Mittel ergreift Faust in seiner dunkelsten Verzweiflung? Wer ist oder was repräsentiert Mephisto? Den Teufel? Das Böse? Und was hat das alles noch mit uns zu tun?
Gernot Plass schreibt Goethes Text in die Moderne hinüber und liefert seinen Vorschlag zu einem theatralen Umsetzungs- und Deutungsrätsel. Rasant, humorvoll, sprachakrobatisch, geistreich, zeitgeistig und bildgewaltig wird die Beweisführung in Angriff genommen, dass uns die alten Stoffe immer noch berühren und betreffen können, wenn man sie überzeugend ins Heute holt. Das Risiko liegt dabei aber sicher nicht beim Publikum, das sich auf einen Heidenspaß mit teuflischen Erkenntnissen freuen kann.
Eine wortgewaltige Adaption des gleichnamigen Klassikers.
Es sind die letzten Tage der Kaiserzeit in Deutschland. Diederich Heßling hatte sich als Kind viel gefürchtet, vor allem vor seinem autoritären Vater. Das Kind, das viel geknechtet wurde, wird bald selbst zum Despoten. Diederich geht nach Berlin, um zu studieren, er tritt der Burschenschaft Neuteutonia bei, wo er sich gut aufgehoben fühlt. Er gerät in eine Demonstration der Sozialisten, da steht er plötzlich dem Kaiser Wilhelm II. leibhaftig gegenüber. Ein einschneidendes Erlebnis, denn Diederich ist aufrichtiger Monarchist.
Nach dem Tode seine Vaters übernimmt er das elterliche Gut. Als neuer Firmenchef geht er forsch an die Arbeit, er duldet keine Sozialdemokratie in seinem Werk. Diese Bewegung ist ihm zutiefst zuwider. Ein Arbeiter wird erschossen, daraufhin regt sich Unruhe gegen die Oberhoheit. Auch der liberale Herr Lauer meint, man kann ja nicht einfach so das arbeitende Volk zusammenschießen. Und diese Fürstenhäuser sind ja nicht mal reinrassig, sind alle verjudet. Diederich ist empört, das ist Majestätsbeleidigung und zeigt Lauer an.
Diederich und Gesinnungsgenossen schreiben einen Brief an Kaiser Wilhelm II., in dem sie ihren Abscheu gegen Umsturzversuche kundtun. Diederich glaubt schon, selbst der Kaiser zu sein und ernennt den Soldaten, der den Arbeiter erschossen hat, zum Gefreiten.
Gernot Plass hat den gleichnamigen Roman auf das Wesentliche reduziert und eine packende Theaterfassung über einen bestimmten Typus geschrieben, der Macht bewundert, aber selbst meist schwach ist. So jemand passt gut in ein autoritäres System.
von Gernot Plass
2D / 5H / 1DEK
Sehr frei nach „Rashomon – Das Lustwäldchen“ von Akutagawa Ryūnosuke und inspiriert nach dem gleichnamigen Film von Akira Kurosawa
Ein-Akter in 11 Szenen
Eine Geschichte – vier Perspektiven. Ein Vorfall – vier unterschiedliche Wahrnehmungen desselben.
Bei einem Spaziergang in einem Wäldchen findet Franz den toten Herrn Tiefenbach, erschossen. So berichtet er es jedenfalls der Polizei. In einem Wachzimmer wartet er nun darauf, sein Protokoll unterschreiben zu können. Die ebenfalls anwesende Frau Elisabeth – sie gilt als Medium – sagt ihm jedoch auf den Kopf zu, dass er nicht die ganze Wahrheit erzählte. Viktor, der Dieb und Mörder, wird nun hereingeführt und macht seine Aussage. Und schließlich erscheint auch noch die Frau des Opfers, Frau Tiefenbach, die den Vorgang wiederum ganz anders erlebt hat.
Für welche Wahrheit wird sich die Polizei entscheiden? Und wo ist der schwarze Koffer mit dem gestohlenen Schmuck?
von Georg Mittendrein
5D / 13H / div. Kleinrollen, Doppelbesetzung möglich / Simultanbühne
nach dem Film-Exposé von Jura Soyfer
Ein Gaunermusical
In den 1930er hat kaum jemand Geld. Das müssen auch die Diebe feststellen, denn jeder dritte Tresor ist leer, ob nun in eine Bank eingebrochen wird oder in große Villen.
So kann das nicht weitergehen, denn wie sollen die Herren Diebe ihren Lebensunterhalt verdienen? Denn schließlich bekommt dieses Gewerbe keine staatlichen Hilfen. Hans Hupka, ein Gentleman-Einbrecher, setzt sich an die Spitze der neu gegründeten Dachorganisation der Diebe und deren Damen. Beherzt wird ein forscher Brief aufgesetzt und an die hiesige Zeitung geschickt: Man fordert energische Herabsetzung der Strafen und Verminderung des Risikos für Diebe entsprechend ihrem verminderten Einkommen. Sollte dem nicht nachgekommen werden, will man streiken.
Bankerball bei Kesslers, alles ist anwesend, was Rang und Namen hat. Kessler gibt soeben die Verlobung seiner Tochter Lilian mit Moritz Meininger bekannt, als Chefredakteur Lallmeier vom „Abendcourier“ hereinplatzt. Er übergibt dem Wirtschaftsminister den besagten Brief. Die anwesenden Herrschaften lachen sich fast zu Tode.
Doch das Lachen vergeht ihnen bald, denn die Diebe machen ihre Drohung wahr. Sie sind gut organisiert, und zum ersten Mal in der Geschichte ist die Stadt kriminalitätsfrei. Man stelle sich das so vor: Die Menschen holen ihr Geld von der Bank, da es keine Einbrüche gibt, können sie es ruhig zuhause herumliegen lassen, daher sind auch Versicherungsraten nicht mehr notwendig, Polizeibeamte können abgebaut werden, der Kauf von Safes und Sicherheitsschlössern geht zurück, was wiederum die Metallwerke in Auftragsnot bringt und vor allem – keine Schlagzeilen mehr für die Presse.
In ihrer Not gehen Bankdirektor Kessler und Chefredakteur Lallmeier gemeinsam auf Einbruchstour, damit wieder etwas Leben in die Kriminalität kommt. Doch sie werden von den Streikposten der Diebe geschnappt.
Endlich können sich beide Delegationen am Wirtshaustisch des „Grünen Heinrich“ einigen. Die Diebe gehen wieder stehlen und die Wirtschaft wird damit angekurbelt.
Gentleman-Gauner Hans bekommt obendrein Kesslers Tochter Lilian, und auch Kessler selbst geht in Liebesdingen nicht leer aus.
(La dernière nuit du monde) von Laurent Gaudé
Aus dem Französischen von Margret Millischer Besetzung variabel / Simultanbühne
frei zur dtspr. EA
Mehrstimmiger Monolog
Es geht um die Vorstellung einer Welt, in der der Schlaf abgeschafft bzw. mit Hilfe einer Tablette auf 45 Minuten verkürzt werden kann. Durch diese gesellschaftliche Revolution können nutzlose Zeiten eliminiert, der Tag „entlastet“ und die Produktion gesteigert werden. Ökonomische Überlegungen und die Vorrangstellung des Arbeitslebens zerstören aber gleichzeitig private Beziehungen. Die beiden Protagonisten Gabor und Lou verlieren einander, der vielversprechende Aufbruch in eine neue Welt verwandelt sich in eine desaströse Dystopie. Gegenwart und Rückblicke in die Zeit davor, Monologe und Dialoge wechseln einander ab.
Man kann das gesamte Stück wie einen langen mehrstimmigen Monolog spielen. Doch man kann sich auch dafür entscheiden, die Rollen wirklich zu verteilen und auf der Bühne eine Art „Stationentheater“ aufbauen.
(KUNSTEN (ALTID!) AT FÅ RET) von Rune David Grue
Aus dem Dänischen von Hans-Peter Kellner 1D / 2H / 1DEK
frei zur dtspr. EA
38 Kunstgriffe um jede Diskussion zu gewinnen
Nach „Die Kunst, Recht zu behalten“ von Arthur Schopenhauer
Mit seiner klugen Fibel sophistischer, spitzfindiger und ganz und gar nicht sauberer Methoden, wie man jeden Gegner aufs Kreuz legen kann und alle Debatten gewinnen, hat der exzentrische Philosoph 1830 einen Ratgeber geschrieben, der heute mehr denn je in Verwendung steht – im Privaten wie im Beruf, in der Gesellschaft wie im Sozialen und natürlich unübersehbar in der Politik:
Wie man Unwahrheiten behauptet, ohne je einer Lüge bezichtigt werden zu können, seinem Widersacher die Worte im Mund verdreht, dessen Argumente stiehlt oder geschickt daraus falsche Schlussfolgerungen zieht. Denn es geht schließlich nicht darum, Recht zu haben, sondern Recht zu bekommen, oder?
Hier werden alle die Tricks durchgespielt, die Politiker, Journalisten, Spin-Doktoren, Blogger und Influencer gerne verwenden, um die Oberhand zu gewinnen. Aber auch unsere Kollegen, die liebe Familie und sogar die besten Freunde können das. Ein Leitfaden, wie man jede – auch schon verloren geglaubte – Diskussion garantiert gewinnt. Anders gesagt: Ein Selbsthilfekurs, den man besuchen sollte, bevor es der Partner tut.
von Fink Kleidheu
3D / 4H / Simultanbühne
frei zur UA
Melkie mit seinem Geld ist sehr willkommen in dem kleinen Ort Grotten. Erst unlängst kam es dort zu einer Überflutungskatastophe ausgelöst durch den Klimawandel, aber irgendwie war auch Gift in die Abwässer gekommen.
Melkie spendiert einen Kletterpark für die Kinder. Die Ausläufer dessen ragen in ein Naturschutzgebiet und Flächen müssen für den Parkplatz versiegelt werden. Als Reaktion auf wütende Proteste spendet er – steuerlich absetzbar – einen sechsstelligen Betrag an eine Baumschule in Brasilien.
Währenddessen finden Untersuchungen zum Unglück der Überflutung statt, die bescheinigen, dass es Unregelmäßigkeiten im Plastikwerk am Rande der Stadt gegeben habe. Der Hochwasserschutz wurde aus Kostengründen vernachlässigt. Ins Wasser gerieten so „Ewigkeitschemikalien“, die die Umwelt niemals abbaut. Bürgermeister Steiner will aus China einen Wirkstoff erwerben, der diese Chemikalie neutralisieren soll.
Britta kennt Melkie von früher, da war er noch Denunziant und hat sie mit seinen Anschuldigungen ins Gefängnis gebracht.
Es kommt zu Lieferschwierigkeiten des chinesischen Rettungsankers. Steiner hat Angst, dass man ihm draufkommt, dass Gift im Fluss ist. Er bittet Mielke ihm zu helfen, der hat Kontakte zu allen korrupten Staaten. Im Gegenzug dazu darf seine Frau Anjuscha beim nächsten Stadtfest singen.
Melkies Nachbarin, die junge Lene, findet heraus, dass es Hinweise zu sexuellen Übergriffen Melkies gibt.
Während des Festes zu St. Johannis stürzt ein fünfjähriger Junge in den Bach, ein Steg ist zusammengebrochen, als das Kind drübergelaufen ist. Schlechte Qualität eben. Den Zuschlag – selbstverständlich nach einer Ausschreibung – hatte ein Kumpel von Melkie für den Bau des Kletterparks bekommen, weil er das günstigste Angebot legte.
„Melkies Anwälte brachten es fertig, den Tod des Kindes einzig auf die im Wasser befindliche Substanz zu schieben … mehrere unabhängige Gutachter bekamen viel Geld für entsprechende Aussagen.“ Einen Tag vor dem Unglück wurde die chinesische Substanz in den Fluss geleitet. Tage später findet man die Leiche des Bürgermeisters Steiner beim Forellenteich.
Melkie lebt nun in einer Villa am Zürichsee.
Fink Kleidheu hinterfragt in seiner aktuellen Tragikomödie mit Chor die katastrophalen Auswirkungen des Klimawandels auf eine demokratische Ortsgemeinschaft und das daraus resultierende Negieren von moralischen Standards im Krisenmanagement. Er beschreibt Abhängigkeiten von globalen kapitalistischen Machtstrukturen und unbeholfene Versuche, sich dagegen aufzulehnen.
Eine versteckte Anzeige im Internet bewirbt den Aufenthalt in jenem Pariser Appartement, in welchem Jim Morrison starb. Unabhängig voneinander mieten sich dort der Musiker und The Doors-Fan Joe sowie die Soziologie-Studentin und Aktivistin Ada ein. Eine verhängnisvolle Entscheidung, denn die Geister, die Morrison rief, haben das Haus offenbar niemals verlassen. Als schließlich Valeria, von einem undurchsichtigen Liftboy hereingebracht, dazustößt, die an einem Musical über Morrison arbeitet, mit dem sie angeblich liiert ist, artet die Unternehmung endgültig in einen unberechenbaren Trip mit ungewissem Ausgang aus.
In Anlehnung an Jean-Paul Sartres „Geschlossene Gesellschaft“ (englischer Titel: „No Exit“) taucht das Stück mit viel Musik tief in den Kosmos Jim Morrisons ein. „People are strange“, das soll sich anhand dieser Begegnung in Paris facettenreich widerspiegeln, wo der mysteriöse Tod des Doors-Frontmanns, Lyrikers und Idols von Generationen ihn vor 51 Jahren endgültig zur Legende werden ließ.
Wenn man nicht gerne spricht, muss man sein Talent aufs Schreiben verlegen.
So wie Hannah, ein junges Mädchen, das darunter leidet, nicht sprechen zu wollen, zu können. Alltägliche Dinge – wie z.B. im Sommer ein Eis bestellen – werden zur Qual. Die Lehrer möchten sie fördern, doch ihre Mitschüler*innen grenzen sie aus. Bis auf die bei allen beliebte Konstanze, die mag sie, weil sie so ruhig ist. Eine zarte Freundschaft entsteht.
Zuhause läuft auch nicht immer alles rosig. Der Vater und der Bruder gingen im Streit auseinander. Gerne taucht Hannah in Traumwelten ein; Helen Keller wird ihr großes Vorbild. Das junge Mädchen erkennt letzten Endes, dass doch alles richtig ist mit ihr.
Die Autorin lässt das Publikum tief in die Seelenwelt einer jugendlichen Außenseiterin blicken und zeigt die emotionalen Verschlingungen einer verunsicherten Heranwachsenden.
von Fink Kleidheu
2D / 2H / Simultanbühne
frei zur ÖEA ca. 100 Min
Musikalische Tragikomödie
Lily wohnt mit ihren Eltern direkt am Rhein, neben einem Atomkraftwerk.
Ihr Freund Luc auf der französischen Seite hat mittels Cyberwear eine Störung im Kraftwerk vorgetäuscht. Während einer Demonstration gegen die Atomkraft geht der Alarm los. Eine Teilnehmerin springt vor lauter Schreck in den Fluss. Lily und Luc fliehen, weil sie denken, man könnte ihnen wegen des Cyberangriffs auf die Schliche kommen und sie für den vermeintlichen Tod dieser Frau zur Verantwortung ziehen.
Aus der Zeitung erfahren sie, dass die Tochter des Rocker-Club-Präsidenten – den sie für einen Mafioso halten – beim Fehlalarm im AKW ums Leben kam. Nun ist auch noch die Mafia hinter ihnen her. Sie setzen ihre Flucht auf einem Fischerkahn fort. Als sie in Speyer an Land gehen, kommen sie nicht rechtzeitig zurück und sie schließen sich Bob an, der lädt sie ein, mit ihm auf der „Rheingold“ flussabwärts zu fahren.
Am Loreley-Felsen ereilt sie schließlich ihr Schicksal …
Nach „Island One Way“ und „Der letzte Cowboy“ bildet „Loreley“ den Abschluss einer Trilogie von Stücken, die mit verschiedenen Erzählebenen spielen und von den unsteten Sinnsuchenden unserer Zeit erzählen.
(Partir dans tous les sens ou La vache 3030) von Tristan Choisel
Übersetzung aus dem Französischen ins Deutsche von Wolfgang Barth variabel / Simultanbühne
frei zur UA
Der junge Jules ist hin- und hergerissen, hin- und hergerissen in Jules und Jules B.
Jules macht ein Landwirtschaftspraktikum auf einem Bauernhof. Er hat sich für diese Ausbildung entschieden, weil er Tiere mag und gerne in der Natur ist. Doch der Bauer, bei dem er gelandet ist, ist ein Rüpel. Jules zweifelt, ob das der richtige Weg für ihn ist. Aber der junge Mann weiß nicht, was er sonst machen will. Es geht ja doch alles den Bach runter, was Jules B schon lange weiß.
Unter den 55 Kühen ist eine störrischer als alle anderen, sie hat die Nummer 3030.
Jules B. hat Probleme mit dem Praktikumsbetreuer, denn Jules hat eigentlich keine Ahnung von Landwirtschaft. Außerdem hat der Praktikumsbetreuer auch einen Praktikumsbetreuer B; der eine will friedlich sein, der andere muss tragische Kindheitserlebnisse kompensieren. Wenn er brüllt und zuschlägt, bekommt er seine Würde zurück.
Als Jules eines Tages nach dem Melken die Kühe auf die Weide zurücktreibt, vergisst er, das Tor zu schließen. Doch Jules B. war es, der ganz bewusst entschieden hat, das Tor nicht zu schließen…
Die scharfsinnige und launige Erkenntnis eines jungen Menschen über die aktuellen Probleme der Landwirtschaft. Tristan Choisel hat ein unglaubliches Gespür für gute Themen und schreibt formvollendet. Die Theater müssten sich auf seine Texte stürzen.
von Magdalena Marszalkowska
aus dem Polnischen von Danuta Strobl 3-4D / 2-4H / 1DEK
frei zur UA
„Il Paradiso“ – ein All-Inclusive-Hotel irgendwo, wo es warm ist und man einen schönen Urlaub verbringen kann. Eva und Adam besetzen schon früh am Morgen die besten Liegen am Pool. Sie erstellen einen Casting-Katalog, damit prüfen sie Anna und Tom, um festzustellen, ob sie auch freizeit-kompatibel sind. Denn schließlich will man ja wissen, mit wem man seine Zeit am Pool verbringt. Die vier haben alle ihre Probleme in den Urlaub mitgenommen. Hier am Pool werden diese ausgepackt und aufbereitet Das Stück behandelt mit amüsant-frechem Wortwitz Urlaubsfreud und –leid, eine köstliche Parodie auf das blasierte Freizeitverhalten der Gesellschaft angesichts der besorgniserregenden Beschaffenheit der Welt.
Die Geschichte der berühmten Komödie ist weithin bekannt. Der geniale Trick dieser Fassung ist, die Handlung in die 70er-Jahre des letzten Jahrhunderts zu verlegen, wo politische Unkorrektheit fröhliche Urstände feierte. Die Verrücktheit der Pensionsgäste wird durch die Schrillheit der Zeit wie durch einen Brandbeschleuniger angeheizt. Susanne Lietzow gelingt es, einen alten Theaterschatz zu heben und im neuen Glanz mit viel Shabby-chic fulminant in Szene zu setzen. Dauerlachen garantiert.
Privatier Klapproth, vom Leben in der Provinz gelangweilt, kommt nach Berlin und möchte endlich auch mal was erleben. Als sich die Hauptstadt jedoch nicht viel aufregender zeigt als Klapproths Heimatstadt, drängt er seinen Neffen Alfred, ihm das ersehnte Abenteuer zu verschaffen. Alfred hegt schon mancherlei Befürchtung, was der Onkel wollen könnte und jetzt kommt’s: Ein Besuch in einer geschlossenen Anstalt, die Besichtigung echter Verrückter, das ist der Kick, den der Erbonkel haben will. Nur hat sein Neffe in der Richtung keinerlei Beziehungen. Allerdings hofft er auf Geld von seinem Onkel und will ihn darum nicht enttäuschen. Die wilde Hilde, Alfreds Kneipenwirtin, verschafft ihm Zugang zur Pension Schöller, ein Hotel für Dauergäste, die so verschroben sind, dass sie locker als Verrückte durchgehen. Und zunächst klingt dieser Plan bestechend. Doch in die Tat umgesetzt, erlebt der Onkel sein blaues Wunder.
Ein zu Herzen gehendes Kinderschicksal einer Außenseiterin, die als Vorbild für Pippi Langstrumpf gelten kann.
Die rothaarige, vorlaute und mutige Anne findet nach ihrer abenteuerlichen Flucht aus dem Waisenhaus auf Green Gables ein neues Zuhause. Matthew und seine Schwester Marilla nehmen sich ihrer an, und nach anfänglichen Vorbehalten schließen sie einander ins Herz. Anne mit ihrer lebensfrohen Natur, ihrem unbestechlichen Eigensinn und ihrer offenen Art fügt sich jedoch zuerst schwer in die Dorfgemeinschaft und in das Schulwesen ein. In Diana findet sie bald eine beste Freundin, doch mit deren Mutter läuft es gar nicht gut.
Abgeschnittene Locken, Raufereien, zuckersüße Äpfel und eine alte Liebe, die neu erwacht, verhelfen Anne schließlich doch noch zu ihrem großen Glück.
Die Uraufführungsproduktion am Theater der Jugend/Renaissancetheater, Wien im Dezember 2021 wurde in vier Kategorien für den Deutschen Musical Theater Preis 2022 nominiert:
„Bestes Musical“ „Bestes Buch“ für TDJ-Direktor Thomas Birkmeir „Beste Regie“ für TDJ-Direktor Thomas Birkmeir „Beste Choreographie“ für Kaj Louis Lucke
Der Preis für „Beste Regie“ ging an Thomas Birkmeir.
von Gernot Plass
3D / 5H / Simultanbühne
frei zur ÖEA
Dramatisches Gedicht
Spannend auch für Nicht-Friesländer.
Schon als Kind war Hauke Hain den Dorfbewohnern nicht ganz geheuer. Er hilft lieber dem Vater beim Deichbauen und ist selbst sehr geschickt beim Ausrechnen von Landstücken.
Als junger Bursche verdingt er sich als Kleinknecht beim Deichgraf. Der kann ihn auch als eine Art Buchhalter gut gebrauchen, das passt aber dem Großknecht Ole nicht, dass der Kleinknecht von der Arbeit deswegen weggeholt wird. Schließlich wird Hauke Großknecht und muss auch weiterhin die Bücher führen.
Nach dem Tod des Deichgrafen wird Hauke auf Empfehlung des Pastors und weil er Elke, die Tochter des verstorbenen Grafen, heiraten wird, der neue Deichgraf, weil er viel Nützliches für die Gegend getan hat. Die Deiche müssen schließlich unter ständiger Beobachtung gehalten werden, die Schleusen repariert. Dann will er einen neuen Deich anlegen, Hauke berechnet und plant alles genau.
Elke bringt nach langen Jahren eine Tochter, Wienke, zur Welt, doch sie ist geistig behindert. Hauke ist bald der reichste Mann in der Gegend, aber nicht sehr beliebt.
Eines Winters wird er krank, noch nicht ganz gesundet, macht er einen Kontrollritt zu den Deichen und stellt fest, dass sie unterhöhlt sind. Er will, dass der alte Deich geschliffen und der neue erweitert wird. Doch die Dorfbewohner lehnen ab, zu teuer, zu viel Arbeit. Im folgenden Herbst zerstört ein Unwetter die Deichanlagen. Hauke muss mitansehen, wie Elke und Wienke in den Sturmfluten zu Tode kommen, er stürzt sich mit seinem Schimmel ebenfalls in die Fluten und stirbt.
von Gernot Plass
3D / 6H / Simultanbühne
frei zur UA
Elisabeth von England fürchtet um ihre Legitimität und deshalb auch um ihren Thron. Sie hält ihre schottische Kusine Maria Stuart auf Fotheringhay gefangen.
In fetzigen Dialogen werden die letzten Tage von Maria Stuart gezeichnet. Verzweifelte Versuche von ihr selbst und der ihr ergebenen Männern treiben sie nur noch tiefer in die Malaise und schließlich aufs Schafott.
von Gernot Plass
2D / 6H / Simultanbühne
frei zur UA
Weil Heinrich V einen Großteil des Kirchenschatzes einziehen will, will ihn der Erzbischof von Canterbury ablenken. Er treibt ihn in einen Erbschaftskrieg mit Frankreich. Um einen Angriffskrieg zu rechtfertigen, wird dieser als Verteidigung ausgegeben, denn englische Adelige planen im Auftrag Frankreichs Heinrich zu ermorden.
Abgesandte sprechen beim französischen König vor und verlangen, dass er die Krone zugunsten Heinrichs niederlegen soll. Nicht akzeptabel. Der Krieg beginnt.
Da Heinrichs Soldaten vom Durchfall geplagt werden, bietet der englische König dem französischen König einen Waffenstillstand an. Doch die Franzosen versperren den Engländern den Weg. Es kommt zur Schlacht bei Azincourt.
20 Jahre später – in Erinnerungen wird die Schlacht erzählt. England hat gesiegt. Heinrich befahl, auch die französischen Adligen zu töten. Heinrich wird also auch König von Frankreich. Bis unter der Jungfrau von Orleans sich Widerstand regt und die Engländer aus dem Land gejagt werden.
von Gernot Plass
5D / 5H / Simultanbühne
Frei zur DEA ca. 110 Min
UA TAG/MUK 2016
Revolution – die Bürger von Krähwinkel sind begeistert, die „Honoratioren“ entsetzt über diese Nachrichten. Die Bürger planen den Aufstand, doch leider gibt es in dem kleinen Nest keine Studenten und somit auch keine „klassischen“ Revolutionäre. Also müssen sich klammheimlich die Frauen eine Lösung zur Neuordnung der Krähwinkler Welt einfallen lassen …
Bei Gernot Plass kommt die Zentralfigur Ultra aber nicht mehr aus dem „glorreichen, freiheitsstrahlenden Österreich“ in das finstere Krähwinkel, sondern aus dem neukommunistisch unionierten Bundesstaat Europa. Eine theatrale Utopie für ein Europa in der Krise.
von Gernot Plass
4D / 6H / Simultanbühne
frei zur DEA ca. 125 Min
Ein verhextes Stück Theater
UA TAG, 2018
Macbeth, das finstere schottische Stück.
Direkt aus der Hölle raunen Hexen Macbeth seine vorherbestimmte Zukunft, prophezeien den größten aller Aufstiege und setzen damit das Desaster auf Schiene. Die nachhaltige Manipulation der Lady Macbeth tut ihr übriges.
Eine archaische Vorzeit trifft auf modern schillernde Charaktere und geht in dieser fünffüßig getakteten Sprechoper der brennenden Frage nach der Unumkehrbarkeit des Schicksals nach. Ist alles Vorherbestimmung? Gibt es so etwas wie freie Entscheidung überhaupt? Oder ist doch alles nur Zufall?
Gernot Plass packt den shakespeareschen Handlungs- und Konfliktkern in ein rasantes, sprachgewaltiges, scharfzüngiges und zeitkritisches Kostüm. Sprachlich wie inhaltlich ein runderneuerter Klassiker-Hit, der mit viel Witz und Tempo eines der berühmtesten Bühnenstücke ins Heute holt.
von Gernot Plass
2D / 2H / Chor / Simultanbühne
frei zur DEA 95 Min
TAG, 2019
Medea, die Entführte, Liebende, Betrogene und in die Verbannung Gestoßene, begibt sich auch bei Plass auf den blutigen Weg hin zu ihrer Rache. Themen der Kolonialisierung, der Ausbeutung, des Rassismus, unseres Umgangs mit dem Fremden bis hin zu Außenhandelsverträgen mit Entwicklungsländern klingen an. Aufbereitet in brutalen Konfliktdialogen entfaltet sich eine vielschichtige Handlung mit neuen Wendungen zu einem schauerlichen Vergnügen. Traditionell umrahmt immer noch von einem attischen Chor, dessen Bühnenkraft und epische Funktion genutzt wird, um das Geschehen zu kommentieren.
Gernot Plass erfindet einerseits einen völlig neuen Plot. Zum anderen startet er aber auch den Versuch, mit den Augen der tragisch gestimmten Griechen auf das verlöschende Feuer unserer Beziehungen, Ehen und Abschnittspartnerschaften der Jetztzeit zu blicken. Ein Rätsel, unbegreifbar, der Zerstörung anheimgegeben. Blut fließt. Götter werden angerufen. Leid und Gewalt reichen sich unter den Schreien des Entsetzens die Hand.
Ein Muss für alle, die den jahrtausendealten Kampf der Geschlechter auf den Feldern der Treue, der sexuellen Begierden, der Wünsche, Sehnsüchte und des Betrugs in den berühmten Szenen einer Ehe erneut und erneuert erleben wollen.
Die Brüder Don Juan und Don Pedro führten Krieg gegeneinander. Don Juan, der Aggressor, ist jetzt der Gefangene von Don Pedro.
Claudio will Hero heiraten, aber er ist so schüchtern und traut sich nicht fragen. Don Pedro will sich bei einem Maskenball als Claudio ausgeben und Hero so für Claudio gewinnen. Doch der intrigante Don Juan, angestachelt von Borachio, trägt Heros Vater, Leonato, zu, dass Don Pedro um Heros Hand anhalten will. Leonato ist begeistert, ein echter Prinz für seine Schnecke! Don Juan erzählt Claudio, indem er vorgibt, er hält ihn für Benedikt, dass Don Pedro Hero für sich selbst will. Don Pedro kann das wieder richtigstellen.
Don Pedro möchte Beatrice und Benedikt miteinander verkuppeln, die einander aber nicht ausstehen können. „Zufällig“ belauscht Benedikt Don Pedro, Leonato und Claudio. Sie sprechen darüber, dass Beatrice unsterblich in Benedikt verliebt sei. Bei Beatrice sprechen Hero und Claudio über die geheime Liebe Benedikts zu ihr.
Borachio drängt Don Juan zu einer neuen Intrige. Dieser erzählt Don Pedro und Claudio, Hero sei untreu. Um Mitternacht würde sie sich mit einem anderen Mann treffen. Borachio schmust aber nur mit Heros Zofe in deren Kleid herum und alle lassen sich zum Narren halten. Na prompt beschimpft Claudio am nächsten Tag seine geliebte Hero und lässt sie vor dem Traualtar stehen. Hero fällt in Ohnmacht, der Pater schlägt vor, sie für tot zu erklären. Claudio würde dann Reue zeigen.
Aber Claudio schießt Leonato nieder, als der ihm die Nachricht von Heros vermeintlichem Tod bringt, weil Leonato ihn beschimpft hat. Benedikt fordert Claudio zum Duell, denn seine geliebte Beatrice will, dass er ihn tötet. Leonato hat aufgrund der Verletzung das Gedächtnis verloren.
Die Schweinerei kommt ans Licht, dann stellt sich noch heraus, Don Juan ist eigentlich Juanita, eine Verflossene von Don Pedro. Alles renkt sich wieder ein, alle sind glücklich.
Kurzzeitkönig Richard der Dritte von England aus dem Hause York brachte es wie kaum ein anderer englischer Herrscher zu so langanhaltendem literarischem Ruhm. Als Shakespeare´s Bösewicht par excellence ist er eine begnadete Rolle für jeden Schauspieler. Machtbesessen, skrupellos, mordlüstern – bis zur endgültigen Niederlage in der Schlacht bei Bosworth – intrigiert und lügt er sich durch sein Leben. Und steht letzten Endes doch nur wieder ohne Pferd da.
Geschrieben in rasantem Versmaß peitscht uns der Autor durch einen Teil der englischen Geschichte. Bezüge zum Heute sind gekonnt eingebaut und weisen schmerzlich darauf hin, dass auch über 500 Jahre später die „kultivierte Gesellschaft“ nicht viel besser geworden ist.
von Gernot Plass
2D / 4-5H / Simultanbühne
frei zur DEA
Fassung sehr frei nach Moliere
In einem aberwitzigem Tempo poltert Don Juan in der Fassung von Gernot Plass durch seine Abenteuer. Auf seinem Weg in die Hölle entehrt er Frauen, betrügt schöne Mädchen, quält seinen Diener, killt Väter, Ehemänner und Gläubiger.
Auch hier weiß man nicht, ob Don Juan Donna Anna vergewaltigt oder sie auch nur ihren Spaß haben wollte. Jedenfalls erschießt Juan Annas Vater, den Komtur, der ist Polizeichef der Stadt, was Don Juan nicht beeindruckt. Diener Sganarelle drängt zur Flucht.
Donna Elvira verfolgt Don Juan. Er hat sie zuerst aus dem Kloster ent- und dann verführt. Sie erschießt ein ganzes Squad-Team. Doch Don Juan hat schon neue Eroberungspläne. Don Juan und Sganarelle rammen bei einer Bootsfahrt absichtlich ein anderes Boot, um Bekanntschaft mit einer Hübschen zu machen. Nur leider geht die Hübsche dabei über Bord und ertrinkt. Der Herr und sein Diener werden aus der Seenot von Pierrot gerettet, der bringt sie zu sich nach Hause, wo Mathurine, Pierrots Schwester, Don Juans Avancen erliegt.
Pierrot hat eine Braut, Charlotte. Auch die verfällt den Verführungskünsten des Ladykillers. Mathurine und Charlotte geraten sich in die Haare. Da erscheint Don Octavio, der Mann der Ertrunkenen. Don Juan schießt ihn über den Haufen.
Don Juan und Sganarelle fliehen in den Wald. Dort treffen sie Don Carlos, der von Räubern bedroht wird. Don Carlos glaubt, Don Juan hat die Räuber in die Flucht geschlagen und er verdanke ihm nun sein Leben. Don Carlos ist auf der Suche nach dem Schänder seiner Schwester – das ist die Elvira aus dem 1. Akt – er weiß aber nicht, wie der aussieht. Da kommt Don Alonso dazu, Bruder von Don Carlos, der erkennt Don Juan und will ihn killen. Don Carlos überredet Don Alonso, es auf den nächsten Tag zu verschieben.
Plötzlich erscheint Dimanche. Dimanche ist Vorrang-Gläubiger, er will sein Geld von Don Juan. Don Juan tut so, als wäre er verwirrt. Don Carlos stürzt herbei – heute wäre schon morgen – na, wegen der Rache! Da wird er von Don Juan und Don Carlos gleichzeitig erschossen. Später kommt dann der im 1. Akt getötete Komtur zum Abendessen und holt Don Juan zur Höllenfahrt ab.
von Gernot Plass
3D / 5H / Simultanbühne
frei zur ÖEA
frei nach William Shakespeare
Prospero, vormals Herzog von Mailand, wurde mit seiner kleinen Tochter Miranda in einem Boot ausgesetzt, weil Bruder Antonio selber Herzog sein wollte. Sie können sich auf eine kleine Insel retten. Dort wird Prospero zum Zaubermeister und macht sich die Insel mit allerlei magischen Wesen untertan. Jahre später segelt Antonio und seine Begleitung mit einer kleinen Karavelle an der Insel vorbei. Prospero nutzt die Gelegenheit und schickt seinen Luftgeist Ariel los, ihnen einen gewaltigen Sturm zu bereiten, der das Schiffchen kentern lässt. Doch alle können sich ans Ufer retten und erleben nun seltsame Vorkommnisse. Gut, dass auch Ferdinand, ein echter Königssohn, mit an Bord ist. Der irrt zuerst auf der Insel umher, bis er schließlich der schönen Miranda begegnet, in die er sich verliebt. Miranda, verständlicherweise von Männern nicht gerade verwöhnt auf einer einsamen Insel, verliebt sich auch in ihn. Doch auf der Insel von Gernot Plass gibt es kein Happy End …
von Gernot Plass
3D / 5H / Simultanbühne
frei zur ÖEA
Eine Fassung frei nach Verbrechen und Strafe“ von Fjodor M. Dostojewski
Der Student Raskolnikov ist faul geworden, er studiert nicht, er arbeitet nicht. Bleibt die Miete schuldig. Bei der Hehlerin Aljona versetzt er seine letzten Besitztümer. Die hat Geld! Sie sei kein guter Mensch, hört er. Da fasst Raskolnikov den Entschluss – er nimmt ein Beil und erschlägt Aljona, raubt ihr Geld und als ihre Schwester überraschend dazukommt, spaltet er auch ihr den Schädel.
In einem atemberaubendem Tempo schickt Gernot Plass den Mörder Raskolnikov nun durch die nächsten Tage. Hin und her gerissen zwischen Euphorie und Schuldgefühl glaubt er, vor Verfolgung sicher zu sein. Doch Richter Porfirji wird ihn zur Strecke bringen.
Unsere Gegenwart ist geprägt vom erbitterten Kampf um Welterzählungen – ob auf den Feldern der Geschichte, der Klimaforschung, der Geopolitik oder der Evolution. Oftmals sind diese Erzählungen und Positionen obskur und sehr leicht durch vernünftige Argumentation zu entkräften. In manchen anderen Fällen eröffnen sie aus den gleichen theoretischen Überlegungen eine verbotene, weil von der Meinung der Herrschenden abweichende Ideologiekritik. Die Positionen sind mitunter militant. Man sondert sich in die eigenen Echoräume ab und lässt Anderslautendes nicht mehr zu. Ausgehend von der Debatte um den „Fall“ Galileo Galilei beleuchtet Gernot Plass in diesem Theaterabend die Frage, wie es Menschen ergeht, die in ihrer abweichenden Kritik an einer vorherrschenden Welt-Anschauung auf eine Wand der Ablehnung stoßen, und setzt sich mit dem Begriff der Wahrheitsfindung auseinander. Wissenschaftliche Debatte, Minderheiten-Positionen, Fairness und Demokratie werden entlang einer historischen Analogie verhandelt. (TAG)
In einem poetisch schönen Text wird hier in Szene gesetzt, wie Till Eulenspiegel zum sympathischen Schelm wird. In dynamischen Abläufen begleiten wir unseren Helden von Babybeinen an bis zum Erwachsenenalter. TILL ist kein moralisches Lehrstück, sondern ein aufgewecktes Märchen mit viel Humor und Spaß für die ganze Familie.
(Les toilettes de l’entreprise) von Tristan Choisel
Aus dem Französischen von Parinas Rouzbahani und Wolfgang Barth 15 SchauspielerInnen / Simultanbühne
frei zur dtspr. EA
Dieses intelligente und moderne Stück vertieft sich mittels paranormalem Phänomen in die möglichen Krisen der Arbeitswelt. Eine herrliche, köstlich erzählte Geschichte, mit hintergründigem Humor und Spannung bis zum Schluss.
Jérémie und Michel arbeiten in einer großen französischen Fabrik. Als sie nach der Pause an ihren Arbeitsplatz zurückkehren wollen, muss Jérémie noch mal auf die Toilette. Michel wartet draußen auf ihn, doch Jérémie kommt nicht wieder raus, er ist auf der Toilette verschwunden. Die ganze Firma sucht nach Jérémie, dann wird die Polizei verständigt. Man glaubt Michel nicht, dass Jérémie auf der Toilette verschwunden ist. Es wird ein Komplott der beiden Männer oder eine Bedrohung von außen, also den Konkurrenten der Firma, vermutet.
Michel landet in Untersuchungshaft.
Dann verschwindet Pascaline, eine weitere Arbeiterin aus der Produktion, ebenfalls spurlos auf der Toilette.
Ab da gehen nur noch sehr wenig Angestellte auf diese Toilette, sie benutzen lieber die Grünflächen oder trinken einfach nichts mehr. Die tollsten Geschichten sind im Umlauf, von Außerirdischen und dass sich Jérémie und Pascaline einfach so in Luft aufgelöst hätten.
Die Geschäftsleitung will keine Baustellenklos aufstellen und die Angestellten auch nicht auf die Toilette der Geschäftsleitung gehen lassen. Denn das würde ja bedeuten, dass sie an die Geschichte, die Michel erzählt, glauben würde. Sie installieren lediglich eine Kamera vor den Toilettentüren.
Fünf Tage später verschwinden während der Pause Julia und Kevin. Man sieht sich die Aufnahmen der Kamera an – beide gehen auf die Toilette, keiner kommt wieder heraus.
Die Toilette wird geschlossen und Michel aus der U-Haft entlassen. Baustellenklos werden aufgestellt. Aber die Angestellten wollen erst die Baustellenklos benutzen, wenn nach einem halben Jahr niemand aus der Firmenleitung darin verschwunden ist. Die Angestellten benutzen nach wie vor die Grünflächen.
Die Firma ist um ihren Ruf und um ihre Produktivität besorgt. Experten für paranormale Phänomene werden geholt. Die stellen auf der Toilette eine Präsenz fest, und zwar die Präsenz der Firma. Die Firma befindet sich also in der Toilette der Firma. Man kann mit ihr sprechen, aber sie will nur mit der Geschäftsleitung sprechen.
Man macht der Firma auf der Toilette klar, dass sie auch bald verschwunden sein wird, wenn sie alle Arbeiter der Firma so nach und nach verschwinden lässt. Das gibt ihr zu denken. Man einigt sich schließlich darauf, dass nur ein Arbeiter pro Jahr verschwinden darf. Aber nur aus der Produktion, also kein leitender Angestellter …
(Ce qui arrive à Francis L’homme) von Tristan Choisel
Aus dem Französischen ins Deutsche von Wolfgang Barth 7D / 5H / / Sim
frei zur UA
Frank Freiman, er ist psychiatrischer Gerichtsgutachter, denkt zu viel nach. Daher kann er sich eines Tages für gar nichts mehr entscheiden, auch nicht, ob er aufstehen soll oder nicht. Also ab mit ihm zum Psychodoktor. Aber auch in der Klinik „weiß Frank nicht ob er geheilt werden will oder nicht. Alle wollen eindeutig, dass er geheilt wird. Aber warum, fragt er sich, war mein früheres Leben in ihren Augen besser? Ist es vielleicht besser, jemanden zu behandeln als behandelt zu werden? Ist es besser, mit seiner Frau zu Hause zu leben als weit weg von ihr in einer Gemeinschaft? Oder wäre es im Gegenteil besser, hier Patient unter Patienten zu sein? Ganz zu schweigen davon, dass die Ärzte und das Pflegepersonal dank der Tatsache, dass er in der Klinik ist, einer Arbeit nachgehen, die ihnen Spaß macht. Vielleicht zählt das viel mehr als die unangenehmen Aspekte seiner eigenen Lage. Darüber denkt er nach.“
Da Frank keine Entscheidungen mehr treffen kann, machen das andere für ihn. Er tut, was man ihm sagt.
Er soll eine Zeitlang wieder zuhause, bei seiner Frau, in gewohnter Umgebung verbringen. In einem Buch liest er: „Bleib nicht bei dieser Frau.“ Also geht er.
Bei Dorine findet er ein neues Zuhause, bis er schließlich auch sie verlässt. Er begegnet einem skrupellosen Politiker, der hat Probleme mit einer Parteikollegin. Der Politiker erkennt in Franks Phobie eine Möglichkeit, diese Frau loszuwerden …
Ein perfekt konstruiertes und raffiniert gemachtes Theaterstück, das die Möglichkeiten einer zwanghaften Störung spannend und glaubwürdig überzeichnet.
Ein altes Haus im Kolonialstil.
Ein angesehener Arzt zieht mit seiner Frau für drei Monate aufs Land. Die Frau braucht viel Ruhe, denn ihr ist „nicht wohl.“ Um die Chancen auf eine Genesung ihres mentalen Zustandes zu erhöhen, wird sie von allem abgeschottet. Bis auf die Haushälterin Jenny und Mary, die auf das Baby aufpasst, hat sie nur ihren fürsorglichen Mann um sich. In einem großen Zimmer bleibt sie, zur Untätigkeit verurteilt, sich selbst überlassen. Und mit jedem Tag, der vergeht, wird diese merkwürdige gelbe Tapete mehr zu ihrer Obsession.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts galt die sogenannte rest cure, die „Ruhekur“, als medizinischer Durchbruch zur Behandlung psychischer Krankheiten bei Frauen. Nach Ansicht der gelehrten Männer einer patriarchischen Gesellschaft mussten Hysterie oder Depression mit absoluter Ruhe, viel Schlaf und der unbedingten Vermeidung aller Aufregung und Anstrengung behandelt werden. Dies bedeutete für die Frauen nicht nur die schleichende Entmündigung und das Entfremden vom täglichen Leben, sondern auch das Verbot, sich künstlerisch zu betätigen. Sie durften keinerlei Stimulation erfahren. Was diese Behandlung mit der Psyche der Betroffenen anrichtete, bleibt heute wie damals unbegreiflich Eine Frau hat trotz allem Mut gefunden, zu schreiben. Die Adaption der autobiografisch angelegten Erzählung von Charlotte Perkins Gilman für das Theater soll vor allem die gesellschaftlichen Verhältnisse jener Zeit beleuchten und Denkanstöße für Fragen der Gegenwart aufwerfen.
Griechenland im Sommer. Sengende Hitze. Verheerende Brände. Das Land steht in Flammen. Auch Delphi, das sie einst den „Nabel der Welt“ nannten, bleibt nicht verschont.
Die schon seit Ewigkeiten nur noch im Verborgenen weissagende Pythia kommt gerade noch mit dem Leben davon. Sie wird als Klimaflüchtling nach Rotterdam gebracht und landet schließlich mit einem LKW in Deutschland.
Schutz findet sie im Theater. Hier trifft sie auf ein Publikum und beginnt zu sprechen. Ihre Suada bietet ungeahnte Einblicke in Jahrtausende des Orakelwesens, enthüllt bislang geheim gehaltene Besuche von Prominenz und dokumentiert nicht zuletzt ihren Behauptungswillen als Frau in einer Männerwelt. Trotz ihres mehr als biblischen Alters zeigt sie sich dabei auf der Höhe des Diskurses, reflektiert über die beunruhigende Lage von Mutter Gaia und wirft, wie sollte es bei ihrem Berufsstand anders sein, auch den Blick nach vorn. Zumindest sie, so scheint es, hat einen Plan.
Fink Kleidheu verleiht in seinem Schauspiel ohne Punkt und Komma der mythischen Pythia eine heutige Stimme. Es entsteht ein tragikomischer und von Gesängen begleiteter Abriss der sogenannten Zivilisation. Erzählt aus Sicht einer Frau, die alles (vorher-)gesehen hat.
von Martin Ohrt
1D / 2H / / 1Mädchen / Sim
frei zur UA ca. 50 Min
Kinderstück ab 6 Jahren
Olivia hat genug von Ölsardinen. Schon zum Frühstück kommen sie auf den Tisch. Ihre Eltern besitzen nämlich eine Ölsardinenfabrik, die Olivias Urururgroßvater gegründet hat. Und eines Tages, wenn sie groß ist, soll sie diese übernehmen.
Eines Morgens spuckt Olivia die Ölsardinenstücke in ihrem Mund vor lauter Ekel in die Toilette. Da taucht Carlo, ein Pinguin, plötzlich auf, bedankt sich dafür, weil er schon tagelang nichts mehr zu fressen finden konnte. So beginnt eine Freundschaft zwischen den beiden. Doch Olivias Eltern wollen keine Haustiere, deshalb dürfen sie von Carlo nichts wissen.
Gemeinsam mit Carlo taucht Olivia durch die Toilette ins Meer. Sie ist erschrocken, wie wenig Fische und wie viel Plastikmüll es hier gibt. Und beinahe wird Carlo von einem großen Fischernetz gefangen.
Olivia stellt ihre Eltern zur Rede, will sie von der Fischerei abbringen. Als Carlo plötzlich vor ihnen steht, sind sie verärgert. Es kommt zum Streit, der in eine Dosenschlacht mündet. Nach einer Aussprache beruhigt sich die Lage, und Olivia muss schweren Herzens von Carlo Abschied nehmen, denn ein Pinguin gehört doch nicht ins Haus, und ein kleines Mädchen nicht ins Eismeer.
Ein versöhnliches Ende ist in Sicht, als der Vater beschließt, keine Sardinen mehr in Konserven zu packen, man kann ja stattdessen mal mit Gemüse versuchen, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten.