- Autor:
- Nasser Djemaï
- Originaltitel:
- Les Gardiennes
- Übersetzung:
- Aus dem Französischen von Margret Millischer
- Rechte:
- frei zur dtspr. EA
Drei Frauen – Sind es gute Feen? Sind es Hexen? – leben mit ihrer Freundin Rosa gemeinsam in deren Wohnung, seit sie nach einem Sturz nicht mehr sprechen kann und im Rollstuhl sitzt. Wie einzelne Fäden, die miteinander verknüpft sind, bietet sich den Frauen in dieser Gemeinschaft eine Möglichkeit, der eigenen Einsamkeit zu entkommen und dadurch Halt zu finden.
Da ist Hanna, die zu viel raucht. Margot, deren kleiner Sohn ertrunken ist und Susanne, die Hellseherin. Der Tagesablauf ist gut durchorganisiert. In diese Idylle bricht eines Tages Viktoria, Rosas Tochter, ein, sie möchte die Wohnung verkaufen und ihre Mutter in ein Pflegeheim bringen. Die drei Frauen stellen sich Viktorias Plänen entgegen.
Das Stück behandelt auf poetische Weise das Problem des Lebensendes und die Rolle von Altern und Tod in unserer Gesellschaft. Zwei Welten prallen aufeinander: auf der einen Seite die moderne Welt, in der Vernunft, Logik, Hygiene und Effizienz gelten, auf der anderen Seite ein Zusammenleben mit allen möglichen Unzulänglichkeiten, bei dem Menschlichkeit und Solidarität Vorrang haben. Trotz des ernsten Themas fehlt der Humor hier nicht und das versöhnliche Ende gibt Zuversicht.
Leseexemplar zum DownloadLeseprobe
Szene IV:
Hanna: Wir haben alles zum Fiebermessen, zum Blutdruckmessen. Das ist nur für die alltäglichen Untersuchungen, auch Injektionen können wir selbst geben.
Margot: Nur Röntgenaufnahmen können wir nicht machen. Aber zum Glück haben wir Susanne, sie ist Hellseherin.
Szene VIII:
HANNA. Aber alt werden ist doch keine Krankheit. Wenn man alt ist, erwartet man von uns weniger, wir sollen weniger auffallen, unsere Wünsche, unsere Empfindungen sollen nachlassen, aber es stimmt nicht, nichts ändert sich. Wir sind genau dieselbe Person, nur ein paar Jahre älter, und mit mehr Freiheit. Ich habe mir heute Morgen zum Beispiel gesagt: Ich trage keinen Busenhalter mehr! Sollen sie doch hin und herschaukeln, meine Brüste. Schaut euch nur um, meine Schätzchen, ihr seid frei! Lauft herum wie kleine Kinder mitten auf der Wiese. Springt, schreit, spielt, kommt nach Hause, wann ihr wollt. Ihr seid immer hier willkommen, im Warmen, bei mir.“ Mein ganzes Leben habe ich Busenhalter mit Körbchen getragen! Jetzt färbe ich auch meine Haare nicht mehr, ich lasse sie grau, ich bin eine echte alte Frau und die Leute können mich mal.