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Kaiserverlag
Besetzung: 1D / 5H / 1DEK
Typ:
Stück in 18 Bildern

Fünf Waldarbeiter hören inmitten eines tobenden Schneesturms den zarten Sirenengesang einer Frau. Sie nehmen dieses stumme, kühle und wundersame Wesen auf, und es entspinnt sich in der klaustrophobischen Enge der primitiven Hütte eine von Hass, hierarchischer Feindschaft, Eifersucht und Triebhaftigkeit aufgeheizte Atmosphäre, in der die Brutalität untereinander, die rohe, archaische Gewalt und der Besitzanspruch jedes Einzelnen gegenüber der still duldenden, missbrauchten Frau zunimmt. Die Fantasien der Männer entzünden sich an dieser nicht fassbaren Gestalt, ihre Träume von einem anderen Leben werden auf diese wundersame Erscheinung projiziert, und in einem eskalierenden, grausamen und letzten Kampf töten sie sich gegenseitig. Der einzige Überlebende ist der jüngste Waldarbeiter, der die Aura dieser Frau nicht antastete.Die wilde Frau" ist ein eindringliches Plädoyer für die Wahrung weiblicher Freiheit, des Respekts gegenüber dem anderen Geschlecht und gleichzeitig eine Parabel unserer Gesellschaftsstruktur sowie der Vorherrschaft männlicher Verhaltensmechanismen.


Leseprobe

9. BILD

JOGG: So eine hab ich noch nie ghabt.
MUCH: Ja … Tutten hat die … Und ein Hintergestell … Nicht zum Aushalten.
JOGG: Ein Moospolster … Wahnsinn! Im Maul schmeckt sie nach Himbeeren …
MUCH: Was ist, wenn sie ein Kind kriegt?
LEX: Kann doch uns wurscht sein!
JOGG: Ja, passt’s ihr nicht auf?
LEX: Sonst noch was! Glaubst, ich spring ab, mitten in der schönsten Fahrt?
JOGG: Ihr habts leicht reden! Wenn man verheirat ist, wie ich, dann lernt man Aufpassen!
HIAS: Bei mir ist das gleich! Aus Magermilch wird eh kein Butter!
LEX: Jesus, Wendl auf dich hätten wir ja beinah vergessen! Das geht doch nicht! Wenn schon, dann müssen alle drübersteigen! Also, Wendl, heut Nacht bist du dran!
WENDL: Mit was?
LEX: Mit was, fragt er, der Lapp! Mit der Frau! Heut darfst du sie nageln!
WENDL: Ich mag nicht.
LEX: Ich mag nicht, sagt er! Und zündet jedesmal, wenn einer zur Frau geht, seine Nachtkerzen an!
WENDL: Was für eine Nachtkerzen?
MUCH: Die Handorgel spielst! Glaubst, wir haben das nicht gemerkt?
HIAS: Ja, hin und wieder muss halt ein junger Mensch seine Pfeifen ausklopfen! Hab ich auch gemacht!
LEX: Glaub mirs, Wendl, deine Hand ist nix gegen das Feuerloch da drüben!



Rezensionen

Uraufführung: 16.09.1986, Innsbrucker Kellertheater als Koproduktion mit dem Alt-Innsbrucker Bauerntheater im Gasthof Bierstindl
Regie: Josef Kuderna

Ein Stück über Gewalt, Macht, Mythos, Sprachlosigkeit und gleichzeitiger Erniedrigung durch Sprache, über Beziehungsmechanismen, ein Frauenstück, ein Volksstück. Mitterers Eigenstes ist noch nie so konzentriert vorgelegen.
… deftig, unmissverständlich, hintergründig, klar und offen …
Tiroler Tageszeitung, 18.09.1986

… urhaftes Theater, aufregend, furchtbar und berührend. Es ist das Leben selbst.
Neue Tiroler Zeitung, 02.10.1986

Mitterer erschafft nicht Menschen und Handlung wie die Natur, sie sind Natur, so sehr, dass man das Spiel vergisst und in diese Wirklichkeit hineingezogen wird.
Präsent, 18.09.1986