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Kaiserverlag

Schüler Gerber, Der

Profitheater Kinder- & Jugendstücke
Besetzung: 2D / 10H / / Sim
Anmerkung:
für die Bühne bearbeitet nach dem Roman von Friedrich Torberg

Der Schüler Kurt Gerber ist zum Inbegriff des adoleszenten, an der Schule des Lebens und der höheren Ausbildungsanstalt und seinen Pädagogen leidenden und tragisch scheiternden Menschen geworden. Was Friedrich Torberg 1929 niederschrieb, hat für alle nachfolgenden Generationen nicht an Wirkung verloren. Dieser österreichische Roman ist u.a. in einem Atemzug mit der Kindertragödie "Frühlings Erwachen" von Wedekind, der Pubertätstragödie "Fegefeuer in Ingolstadt" von Fleißer, "Die Verwirrungen des Zöglings Törleß" von Musil und "Jakob von Gunten" von Robert Walser zu nennen, die alle die jugendliche Suche nach Identität, die Verwirrung und das Ringen um gedankliche Klarheit sowie die emotionale Ambivalenz dieser Jahre eindringlich beschreiben.
Felix Mitterer hat den "Schüler Gerber" sensibel und mit sicherer Hand für das Theater bearbeitet. In knappen Szenen beschreibt er analog zu Torberg die Stationen eines jungen Mannes, der um die Zuerkennung der Matura bangen muss. Mangelnde Leistungen in Mathematik, der offene Konflikt mit seinem sadistischen Klassenvorstand und Mathematiklehrer Professor "Gott" Kupfer, die Sorge um den todkranken Vater und die erste unglückliche Liebe zur ehemaligen Mitschülerin Lisa Berwald treiben seine Verzweiflung, seine Verwirrung und Zerrissenheit voran. Kurt Gerber ist mit seiner Sensibilität, seiner Begabung sowie seinem stolzen Aufbegehren chancenlos gegen den absoluten Machthunger und die rücksichtslose und hinterhältige Geltungs- und Siegessucht des Lehrers Kupfer. Der Selbstmord des Schülers nach der nicht bestanden geglaubten Reifeprüfung ist nur vordergründig ein tragisches Missverständnis: Es ist vor allem die Kapitulation vor einem Leben, für das die Schule mit ihren Demütigungen ein trauriges Paradigma ist, ganz gleich ob die Schüler von damals in einer sich zusehends verhärtenden Gesellschaft am Vorabend des Nationalsozialismus lebten oder in einer heutigen Gesellschaft mit ihren entfachten Konkurrenzkriegen bestehen müssen.


Leseprobe

30. BILD

GERBER: Gestatten Sie, Herr Vorsitzender, dass ich Sie mit dem heutigen Prüfling bekannt mache. Leben, Schüler der achten Klasse. - Also, Leben, schreiben Sie an. Erstes Beispiel. Jemand zahlt zwölf Monate hindurch seine ganze Liebe ein, um am Ende dieser zwölf Monate … - Wie? Sie sind wohl verrückt. Das gehört jetzt nicht hierher. Das interessiert uns nicht. Also: Gegeben ist ein Professor und ein Schüler, nicht wahr? Der Schüler wird durch den Professor gebrochen. Was kommt jetzt? - Nein, ganz falsch. Man sagt nicht: „Der Vater stirbt“, man sagt: „Der Vater reduziert sich zu null“. So. Wissen Sie auch, wie es dazu gekommen ist? Sehen Sie sich einmal den Bruchstrich an, Kandidat Leben. Er besteht, da er die Summe einer geometrischen Progression ist, aus n Gliedern. Was uns nicht passt, wird abgestrichen und durch andere Koeffizienten ersetzt. Bitte. Jetzt könnten Sie aber auch ein wenig arbeiten. Bis jetzt hab ja alles ich gemacht. Was ist mit Ihnen? Das können Sie auch nicht, Kandidat Leben? Ich danke, es genügt, wir sind fertig, Sie können gehen.
WEINBERG: Scheri! Scheri! Du hast es geschafft! Du bist durch! Du bist reif! (Sieht, dass Gerber nicht mehr da ist, schaut sich suchend um.) Scheri! Du hast die Matura bestanden! Kupfer hat verloren, dieser Schweinehund hat endlich einmal verloren! Scheri!
Weinberg sieht, dass das Fenster offen ist, erschrickt, geht hin, beugt sich hinaus und schaut hinunter, erstarrt.
WEINBERG: (schreit verzweifelt) Scheri! Scheri!



Rezensionen

Uraufführung: 06.11.1999, Theater Next Liberty, Graz
Regie: Michael Schilhan

(Felix Mitterer) schaffte es, in kurzen Szenen und kurzen Monologen, die Geschichte von der Zerstörung eines Menschen packend zu erzählen, ohne dabei den großen Atem des Originals zu verlieren.
Wiener Zeitung, 08.11.1999
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Premiere: 13.01.2018, Theater Next Liberty, Graz
Regie: Michael Schilhan

"Intensive Inszenierung ... Pflichttermin für Schüler - und Lehrer"
Kleine Zeitung, 15.01.2018

"... kann vollauf überzeugen ... Danke, setzen, sehr gut!"
Kronen Zeitung, 15.01.2018