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Kaiserverlag

Patriot, Der

Profitheater Dramatik, Zeitstücke
Besetzung: 1H / 1DEK

Franz Fuchs, der Briefbomber von Österreich, wird zur Bühnenfigur. Was geschieht, wenn man einem Mann, der nachweislich für Morde, Verstümmelung und Verletzung von Unschuldigen verantwortlich war, der für Angst und Verunsicherung sorgte, so viel Sprachraum und posthume Selbstdarstellung zugesteht?
Felix Mitterer gelingt diese äußert heikle Gratwanderung mit Übersicht und Feingefühl. Denn die Aussagen dieser Bühnenfigur sind einerseits Wasser auf die Mühlen einschlägiger Kreise, andererseits polarisieren sie aber auch und sorgen für Distanzierung, indem sie sich dabei selbst sukzessive diskreditieren.
Aus den Vernehmungsprotokollen und psychiatrischen Gutachten, den Bekennerschreiben und diversen Zeitungsartikeln ist clusterartig das Psychogramm eines Mannes erwachsen, das in seiner verwirrenden Vielfältigkeit, perversen Emotionalität, bestechenden Intelligenz und seiner ans Absurde grenzenden Widersprüchlichkeit auf eine unheimliche Art und Weise zu faszinieren vermag.
Die große Leistung Felix Mitterers besteht darin, dieses brisante Material in eine Abfolge gebracht zu haben, die über den Wahnsinn eines Franz Fuchs hinaus auch eine Bestandsaufnahme heutiger Verhältnisse ist. Aus dem Mikrokosmos eines Einzeltäters, der im wörtlichen Sinne für gesellschaftlichen Sprengstoff sorgte, erwächst auch gleichzeitig ein Verbindungsbogen zu Staat und Politik. Franz Fuchs hat der Politik ein Vermächtnis hinterlassen, und wer genau hinsieht, wird es in ihrer inhumanen Asyl- und Abschiebepraxis wiedererkennen.


Leseprobe

22.

Heute, am 26. Februar 2000, werde ich meinem Leben ein Ende setzen. Jetzt kann ich gehen, die Geduld hat sich gelohnt. Gerade wurde die schwarz-blaue Regierung angelobt. Die EU jault auf und bestraft uns mit Sanktionen. Am Heldenplatz versammeln sich wieder die Gutmenschen. Aber diesmal haben sie Pech gehabt, die EU und die Gutmenschen. Schüssel und Haider sind Steher, wer hätte ihnen das zugetraut? Mit der Umvolkungspolitik wird ab jetzt Schluss sein. Das Asylantenheer wird ab nun beinhart abgeschoben. Sogar die SPÖ besinnt sich auf einmal erschrocken auf die Rechte der angestammten Bevölkerung.
Was hat die Rote Armee Fraktion erreicht? Was hat die ETA erreicht? Was hat die PLO erreicht? Was hat die IRA in dreißig Jahren erreicht? Wir von der BBA und unsere Anhänger haben innerhalb von sechs Jahren eine neue Regierung erreicht. Eine rechte Regierung, eine gerechte Regierung. Unser Kampf war also nicht umsonst.
Ein Anklagepunkt gegen mich hat gelautet: „Nötigung der Bundesregierung.“ Ja, wir haben sie ziemlich genötigt, bis zur Abwahl haben wir sie genötigt. Und ganz gleich, welche Regierungen nachfolgen werden, die Zeit der Umvolker ist vorbei.
Jetzt habt ihr euren Einzeltäter. Ich habe einen Auftrag erhalten, seht ihr das endlich ein? Aber es war keine Stimme in meinem Kopf, das hättet ihr wohl gern.
Das Volk von Österreich hat mir diesen Auftrag erteilt. Die Volksmeinung hat mir diesen Auftrag erteilt. Die schweigende Mehrheit hat mir diesen Auftrag erteilt.
Wer war Franz Fuchs? Der Schläfer, den ihr aufgeweckt habt. Ein österreichischer Patriot. Die Waffe in eurer Hand.



Rezensionen

Uraufführung: 13.11.2008, stadtTheater walfischgasse, Wien
Regie: Werner Schneyder

Ein Monolog, der ohne Aufwand enorme Wirkung erzielt. (…) Ein grandioses Psychogramm.
News, Nr. 47/2008