- Autor:
- Felix Mitterer
- Rechte:
- Frei zur DEA
Ein Bauernsohn geht ins Gebirge und kehrt 40 Jahre nicht in die Zivilisation zurück.
Was steckt hinter einer solchen Entscheidung? Wie sieht sein Leben aus, geprägt von Einsamkeit und der Erbarmungslosigkeit der Natur? Können die Leute aus dem Dorf seinen Entschluss nachvollziehen? Müssen die Menschen es denn überhaupt nachvollziehen?
Felix Mitterer erzählt die wahre Geschichte eines Mannes, der sich in der Welt nicht zurechtfinden konnte und darum seinen ganz eigenen Lebensweg eingeschlagen hat.
Uraufführung: 16.06.2016, Festival „Stummer Schrei“, Zillertal/Stumm
Regie: Konrad Hochgruber
Leseprobe
20.
MUTTER: Was machst du, die ganze Zeit? Achtundzwanzig Jahr bist jetzt schon da heroben.
ELIAS: (amüsiert sich) Tatsächlich? Wie der Robinson Crusoe auf seiner Insel.
MUTTER: Wie geht des? Hast nicht Zeitlang? Also, mir wär nach drei Monat schon zeitlang.
ELIAS: Manchmal sitz ich von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang auf meinem Felsen, den Rücken an die Zirben glehnt, und der Tag is nicht vergangen, der Tag is mir gschenkt.
MUTTER: Vergeudete Zeit!
ELIAS: Es gibt keine vergeudete Zeit, Mamm. Es gibt nur a gschenkte Zeit. Es gibt kein gestern, kein heut, kein morgen. Es is immer jetzt. Und ich bin eins mit dem Felsen, und ich bin eins mit der Zirben.
MUTTER: Geh, lass mich aus! So a Spinnerei! Der Mensch braucht den Menschen. Der Mensch braucht Gsellschaft, Geselligkeit.
ELIAS: Ich brauch die Menschen nicht, ich brauch die Geselligkeit nicht ... Oft bin ich durch ganz an feinen Regen gangen, durch an Regenschleier, und ich hab mich ganz gesellig gfühlt, mit die Bäum, mitn Moos, jede kleine Tannennadel is angschwollen unter meine nackten Füß und is mei Freund worden.
MUTTER: Was redst denn da? Gibt doch nix Schlimmeres als die Einsamkeit.
ELIAS: Ich bin nicht einsam, nur weil ich so selten auf Menschen triff... Die Sonn is auch allein, außer oben am Joch im Nebel, da gibt’s manchmal zwei, aber die zweite is nur gspiegelt. Gott is auch allein, nur der Teufel nicht, der kann nicht allein sein, der braucht Gesellschaft. Ich bin nicht einsamer als a Schusternagele, als des Märztauwetter, als die Spinnen im Eck. Und als all die Viecher, die mir zugehn, die mich als ihresgleichen betrachten.