- Originaltitel:
- Walizka
- Übersetzung:
- Aus dem Polnischen: Andreas Volk
- Rechte:
- Frei zur dtspr. EA
Das Stück erzählt die Geschichte des Franzosen Fransoua, der im Museum für Vernichtung einen Koffer mit dem Namen seines Vaters Pantofelnik und damit das Geheimnis seiner Herkunft entdeckt. Ein Erzähler führt uns in eine surreale und wendungsreiche Geschichte ein: Fransoua fühlt sich vage unwohl und wird von seiner Frau ins Museum geschickt.
Nachdem Fransoua über einen Koffer im Museum seinem wahren Namen und seiner Identität auf die Spur gekommen ist, nimmt er in einer überraschenden Kadenz am Ende der Geschichte Kontakt mit diesem Koffer auf und vermag mit seinem von den Nazis vergasten Vater zu sprechen.
Dem Stück gelingt es, auf scheinbar geradezu unpolitische Weise die Verbrechen der NS-Zeit außen vor zu lassen und ausschließlich deren persönliche Auswirkung in der Gegenwart zu betrachten. Daher führt die so schlafwandlerisch leichte und auch humorvolle Vorlage am Ende doch zu einer Katharsis mit großer emotionaler Tiefe.
Uraufführung: 14.02.2009, Teatr Polski, Poznań
Regie: Piotr Kruszczyński
Leseprobe
7. DAS HERZ DER MUTTER AUS STEIN
FRANSOUA: Es war ein Brief an meinen Vater, der starb, als ich noch klein war, was nicht meine Sache ist. Mit Nachnamen hieß er Pantofelnik.
Die Anrede des Briefes lautete also:
Lieber Herr Pantofelnik,
ich schreibe Ihnen in einer wichtigen Angelegenheit. Es mag Ihnen vielleicht nicht allzu besorgniserregend erscheinen, aber ich stehe auf einem Bein. Ich habe ein halbes Herz, eine halbe Lunge und nur ein Auge. Ich fühle mich nicht gut. Ich habe Schwierigkeiten mit dem Atmen. Ich sehe schlecht. Es fehlt mir an einem Halt im Leben. Etwas steckt mir in der Kehle. Es kommt mir so vor, als wäre ich mit zwei Beinen geboren worden, mit zwei Augen, einer ganzen Lunge und einem gesunden Herzen. Wussten Sie davon? Interessiert Sie das? Wo sind Sie? Bitte kommen Sie sofort zurück und erzählen Sie mir alle Geschichten, die mir vorenthalten wurden! Bitte schließen Sie mich an das Rohr an, das Wasser aus der Quelle unserer Nationalkultur pumpt. Apropos: Wer sind Sie? Welcher Konfession gehören Sie an? Ich feiere für alle Fälle Ramadan, gehe zur Christmette, meditiere in Nepal und faste an Jom Kippur. Ich weiß nicht, wer ich bin, das ist also alles Betrug. Ich habe Angst, dass mich bald jemand denunziert. Ich liebe Sie, wussten Sie das?
Ihr ergebener Sohn, Fransoua.