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Kaiserverlag
Besetzung: 4 D / 3 H / 2 Darsteller / 1 Dek
Übersetzung:
Aus dem Kroatischen von Tihomir Glowatzky
Rechte:
Frei zur dtspr. EA
Typ:
Tragikomödie

Das Reich von König Marun steckt tief in der Krise: Naturkatastrophen, Missernte, Hunger, finanzielle und politische Misere. Der König selbst ist depressiv und handlungsunfähig.
Intrigen vergiften das Klima am Hof. Maruns Gattin betrügt ihn mit Gregor, seinem ersten Ratgeber.
Aber auch Maruns geliebte Tochter, Katharina, begehrt Gregor. Gregor selbst möchte König werden. Dazu ist ihm jedes Mittel recht. Nur der brave Hofnarr bleibt sich selbst und der Wahrheit treu, die er auch allen ins Gesicht sagt.
Um das Reich aus der Handlungsunfähigkeit zu reißen, zettelt Gregor einen Krieg mit dem Nachbarland an. Marun glaubt sein Land in Gefahr und geht siegreich in die Schlacht. Als er jedoch erfährt, dass dieser Krieg unrecht war, lässt er Gregor hinrichten und auch all jene, die ihn retten wollen. Dass dies ausgerechnet seine Tochter ist, erhöht diese Tragödie zu nahezu Shakespeareschen Ausmaßen.
Eine scharfsichtige und gleichzeitig unterhaltsame Parabel auf die immer gleichen Mechanismen von Politik und Macht, dem Wechselspiel von Hass und Liebe, von Krieg und Schuld.


Leseprobe

GREGOR: Warum siehst du so schwarz? Freu dich über den Sieg!
MARUN: Sieg?! Welcher Sieg!? Bist du wirklich so dumm, dass du nicht merkst, dass wir geschlagen worden sind. Wir haben die Schlacht mit unseren Mägen verloren. Des Bauchs wegen haben wir das bisschen Menschlichkeit, das in uns verblieben war, mit Füßen getreten. Und du faselst vom Sieg.
GREGOR: Aus dir spricht der ewig Unzufriedene – es ist dir gelungen, das Land zu festigen, es ist dir gelungen, der erste König zu werden, und das genügt dir nicht.
MARUN: König oder Fürst, Fürst oder König – wo ist der Unterschied?
GREGOR: Du bist der erste König.
MARUN: Der erste – alle wollen der Erste sein. Warum? Was fehlt dem Zweiten, was der Erste hat, aus welchem Grund ist der Erste wertvoller als der Dritte – die Menschen sind dumm. Ich bin auch nicht besser, da ich ein gewöhnlicher Räuber geworden bin.
GREGOR: Du musstest das Land retten, alles hat seinen Preis. Es war der letzte Moment, um die Dinge in die eigenen Hände zu nehmen. Wenn ich die Ungarn nicht in diesen Krieg hineingezogen hätte, hättest du, Marun, deine Krone und dein Leben verloren.
MARUN: So habe ich aber mein reines Gewissen und einen unbescholtenen Namen verloren.
GREGOR: Was wolltest du denn – über ein Land herrschen oder unschuldig sein, ohne Sünde? Das geht nicht, Marun, jeder muss seinen Anteil des Seelenschmutzes mitzutragen, nur so kann man herrschen - so oder gar nicht. Du wolltest über uns stehen, rein, rein vor dir und vor den anderen. Auf uns, die an deiner Stelle die schmutzigsten Geschäfte erledigt haben, hast du vom hohen Ross herabgeschaut, hast Ekel vorgetäuscht – und dabei wusstest du, dass jemand auch diese schmutzigen Geschäfte erledigen musste, dass ohne sie kein Staat auf dieser Welt bestehen könnte. Letztendlich hast auch du dich in diesen Schmutz begeben, auch du bist den Weg gegangen, der in die Hölle führt. Du siehst jetzt ein, dass das nicht so schlimm ist. Nun bist auch du endlich im Reigen der Leute, die du verachtet hast. Ich bin sehr gespannt zu erfahren, welches dein nächstes Verbrechen sein wird.
(Schweigen)
MARUN: Mein nächstes Verbrechen bist du.
GREGOR: Wie meinst du das?
MARUN: Ich habe befohlen, dass man dich nach diesem Gespräch verhaftet. Die Wache wartet vor der Tür. Morgen bei Sonnenaufgang wirst du tot sein.
GREGOR: Unmöglich, du kannst doch nicht?!
MARUN: Ich kann.
GREGOR: Ich habe dir immer geholfen, an der Macht zu bleiben.
MARUN: Wir wollen keine Zeit mehr verlieren.
GREGOR: Aber ich bin doch dein nächster Vertrauter. Das kannst du nicht tun.
MARUN: Ich kann.
GREGOR: (wirft sich unterwürfig auf die Knie) Ich bitte dich König, verschone mich. Schenk mir das Leben, wenn du ein Mensch bist.
MARUN: Nein, ich bin kein Mensch mehr. Und du bist daran schuld.
GREGOR: Ich flehe dich an.
MARUN: Flehe nicht umsonst; ich habe für dich keine Gnade übrig.
GREGOR: Mein König, ich bitte Euch, ich verehre Euch, ich bin bereit, alles für Euch zu tun; wenn ich bloß am Leben bleibe, ich werde Euer Hund sein, verschont sie mein Leben, Gnade, Gnade!
MARUN: Genug geschwätzt! Wache! Wache!
(Wachen kommen herein und ergreifen Gregor grob, sie ziehen ihn am Boden lang, bis er anfängt zu jammern)
GREGOR: Neeeeein, Gnade, Gnade. Verschont mein Leben! (reißt sich von den Wachleuten los) Lasst mich los, damit ich meinen Abschiedsmonolog halten kann.
(Die Wachen halten ein)
GREGOR: Ich war ein negativer Mensch, nun ist mein Ende gekommen. Und allen, die sich über meine Niederlage freuen, sende ich diese Botschaft: Ich werde den Hl. Petrus bestechen und über zehn Tricks doch ins Paradies kommen. Und nun, liebe und teure Zuschauer, ade, ade, lebet wohl (Geht ab, bleibt stehen und kehrt zu Marun zurück).
GREGOR: Und noch etwas: Ich gestehe es – ich wollte deine Rolle. Ich habe es satt, immer die negativen Figuren zu spielen. Nach der Vorstellung will keiner mit mir einen trinken gehen, niemand will ein Autogramm von mir.
MARUN: (zum Publikum) Ich glaube, das ist jetzt wirklich zu viel. Zwei Abschieds-monologe hätte er nicht mal bei Shakespeare bekommen. (Zu den Wachen) Führt ihn ab!
MARUN: Neeeein! Gnade! Gnade!