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Kaiserverlag

Kinder des Teufels, Die

Profitheater Dramatik, Zeitstücke
Besetzung: 3H / 1DEK / / 5-8Jgdl / evtl. 2-3K / 2Stat
Typ:
Stück in 20 Szenen

In den Jahren 1675 bis 1681 fand in Salzburg einer der damals spektakulärsten und grausamsten Hexenprozesse gegen vagabundierende Kinder und Jugendliche statt, denen man die Gefolgschaft mit dem berüchtigt-gefürchteten Zauberer-Jackl, einem angeblichen Hexenmeister, nachsagte und sie unter dem Verdacht seines teuflischen Einflusses der Ausübung schwarzer Magie beschuldigte. Unter Folter legen die Kinder, getrieben von unsäglicher Angst, Schmerzen und der Ohnmacht der Einsamkeit und der Schutzlosigkeit, denunzierende Geständnisse ab, deren überschäumende Fantasie das abergläubische Weltbild der Peiniger bestätigt und die Angeklagten dem Scheiterhaufen übergibt.
Felix Mitterer hat unter Verwendung der authentischen Protokolle ein berührendes, schonungsloses und schockierendes, dramatisches Zeugnis historischer Grausamkeit und inquisitorischer, religiöser, juristischer Ignoranz und Verblendung geschaffen und ein überzeugendes Paradigma für unsere heutige Welt gefunden, in der soziale und gesellschaftliche Ungerechtigkeit und die Unfähigkeit ihrer Linderung sowie grausame Folterungen trauriger Alltag sind.


Leseprobe

13. BÜRO

KOMMISSAR: Erzähl weiter, Magdalena! Was geschah?
MAGDALENA: Oh, man begrüßte den Teufel, wie es sich gehört …
KOMMISSAR: Ihr habt ihm den Hintern geküsst?
MAGDALENA: Oh ja, und nicht nur das! Auch mit der Zunge ausgeschleckt! … Ich hab ihn nicht nur am Hintern geschleckt, sondern auch überall sonst! Ihr solltet das einmal probieren, Herr! Wendet Euch an Eure Frau! Oder – wenn die zu zimperlich ist – dann begebt euch ins Hurenhaus! …
KOMMISSAR: Gott steh dir bei, Pichlerin!
MAGDALENA: Gott? Gott ist mir nie beigestanden! Auf deinen Gott kann ich verzichten!
KOMMISSAR: Weiter! Erzähl weiter!
MAGDALENA: Wollt Ihr Euch das wirklich antun? Mir scheint, es regt Euch zu sehr auf!
KOMMISSAR: Rede jetzt, oder ich überschreite alle Vorschriften der Tortur!
MAGDALENA: Wie Ihr wollt, Herr! – Nun, es kommt dann, wie es kommen muss! Es kommt zur allgemeinen Vermischung! … Und plötzlich erlöschen die Lichter – und alle, alle sinken zu Boden und frönen der fleischlichen Lust! Eine irrsinnige Lustbarkeit, Herr! Ihr könnt euch das nicht vorstellen! Oder doch?
KOMMISSAR: Ich will es mir nicht vorstellen, aber ich weiß es! Der Dionys mit seiner Schwester, die Schwester mit dem Vater, der Vater mit dem Dionys, der Jackl mit dem Vater, der blinde Michl mit seinem Bruder, der Veit hier mit einer Teufelin, der Teufel mit ihm, von vorn und von hinten, a tergo sive posteriori – ich weiß alles, steht alles schon in den Protokollen! Ein Abgrund! Ein einziger Abgrund! Die Hölle!
MAGDALENA: Alles wisst Ihr noch nicht, Herr!
KOMMISSAR: Was kann es noch Schlimmeres geben?
MAGDALENA: Die Hostie! Ich hab eine Hostie mitgebracht!
KOMMISSAR: Wie?
MAGDALENA: Im Hintern!
KOMMISSAR: Was?
MAGDALENA: Im Hintern! Im Hintern hab ich eine Hostie mitgebracht!
KOMMISSAR: Und was damit getan?
MAGDALENA: Na, was schon? Sie blieb, wo sie war! Wurde nur ein wenig vorgeschoben! Vom Teufel!



Rezensionen

Uraufführung: 08.04.1989, Theater der Jugend, München (Schauburg)
Regie: Rudolf Seitz

Felix Mitterers Sprache ist dreckig, roh, aus der Gosse aufgelesen – so wie seine Bettelkinder.
Süddeutsche Zeitung, 11.04.1989

(Felix Mitterer) hat sich dabei gewiss nicht zurückgenommen, sondern - wie immer - verausgabt. Denn „Die Kinder des Teufels“ ist ein starkes Stück.
Kirche intern, 07.1989