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Kaiserverlag
Besetzung: 3D / 9H / 3DEK
Typ:
Volksstück
Anmerkung:
Eine eigene Bearbeitung für Freilicht ist vorhanden

Sebastian, ein behinderter und verhaltensgestörter Junge, bekommt von einem alten, alleinstehenden Schmied und nunmehrigen Mindestrentner die Aufmerksamkeit, Zuneigung und das liebende und fördernde Verständnis, das ihm seine Eltern und die dörfliche Gemeinschaft versagen. Unter seiner geduldigen Obhut entwickelt der Junge Fähigkeiten, die durch die brutale Missachtung seiner als minderwertig betrachteten Person brach lagen. Er lernt sprechen, rechnen und Flöte spielen. Doch das stille Glück dieser Außenseiter der Gesellschaft wird jäh und brutal zerstört, als der Junge in seiner Naivität die Andersartigkeit des weiblichen Geschlechts an einem badenden Mädchen bestaunt. Die Dorfgemeinschaft brandmarkt ihn als potentiellen Sexualverbrecher und entledigt sich seiner, indem sie ihn in eine Heilanstalt einliefern lässt.
Kein Platz für Idioten“, der wachrüttelnde Erstlingserfolg Felix Mitterers, ist ein auf den gesellschaftlichen Umgang mit behinderten Menschen verweisendes Stück von unverminderter Aktualität.

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Leseprobe

13. BILD

WASTL: … Sag amal, warum hastn du da unten nix?
MARIA: Wia moanst?
WASTL: (deutet) Da, zwischen die Füaß, warum hastn du da nix?
MARIA: Ja, weil i a Dirndl bin. Aber mir ham schon a was, brauchst nit glabn.
WASTL: I hab da aber was anders.
MARIA: (lächelnd) Na, was’d nit sagst!
WASTL: (will sein Hosentürl aufmachen) Soll i dir’s zoagen?
MARIA: Na, bittschön nit, bin nix neugierig drauf!
WASTL: Was hast’n du da nacha?
MARIA: Du hast ja überhaupt koa Ahnung, was? Gibt’s denn so was? So a großer Mensch.
WASTL: Zoagst ma’s no amal?
MARIA: Ja, da gibt’s nit viel zum Sehgn.
Sie öffnet das Badetuch, Wastl schaut ihr neugierig zwischen die Beine. Sie macht wieder zu.
WASTL: Wia tuastn du nacha brunzen?
MARIA: Na, jetzt reichts ma aber! Du bist vielleicht a dummer Bua!
WASTL: Habts ihr des alle so, ös Weiberleut?
MARIA: Ja, freilich.
WASTL: Dann seids ihr ja anders.
MARIA: Kannt ma sagen, ja.
WASTL: Derf i amal da hingreifen?
MARIA: Ja, sonst no was!
WASTL: Grad a bißl. Grad, damit i’s woaß.
MARIA: Aber nacha muaß a Ruah sein.
WASTL: Nacha is a Ruah.
Sie öffnet das Badetuch, Wastl kommt näher, kniet sich hin, schaut Maria an, fährt vorsichtig hin, sie zuckt etwas zurück. In diesem Augenblick kommt Mutter Hanni bei der Tür herein, schaut entsetzt, geht zu Wastl, reißt ihn an den Haaren zurück.
HANNI: Ja, sag amal, was tuast denn du da, ha? (Schlägt auf ihn ein.) Du Schmutzfink du, du Saukerl! No, i wer dir geben!
MARIA: Er hat ja nix getan, Mammi!
HANNI: (hört nicht auf sie) Aussi mit dir, aber sofort!
Sie prügelt den überraschten Wastl bei der Tür hinaus.
HANNI: Na, wart, wenn der Lois hoamkimmt, den schick i dir, der wird dir’s beibringen!
MARIA: Es war ja nix!
Hanni und Wastl verschwinden, man hört sie noch schimpfen.
HANNI: So eine Schweinerei! Verschwind, du Saubua! Di zoag i an, bei der Gendarmerie, des kannst sicher sein! Sowas tuast ma nit no amal!



Rezensionen

Uraufführung: 15.09.1977, Tiroler Volksbühne Blaas
Regie: Josef Kuderna

Dieses Stück hat auf jeder Sprechbühne seinen Platz. …
Es ist ein Lehrstück, aber ohne dozierenden Zeigefinger, es ist moderne Literatur ohne exhibitionistische Geschmacksverirrung, kurzum ein Stück, wie es die Theater brauchen.
Neue Tiroler Zeitung, 17.09.1977