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Kaiserverlag
Besetzung: 2D / 9H / 1DEK / / Stat
Typ:
Stück in drei Akten

Der jüdische Schauspieler Arthur Kirsch wird aus rassischen Gründen nach seiner in einem Eklat endenden Verkörperung des "Shylock" aus dem Theater entlassen. Er trennt sich von seiner Frau, einer umworbenen Diva, und zieht sich mit seinen Kindern in die Tiroler Berge zurück. Als ein urwüchsiger Tiroler Bergbauer verkleidet, kehrt er zurück, spricht jetzt als bodenstämmiges, polterndes Naturtalent vor und wird begeistert in die Riege der arischen Künstler aufgenommen. Daniel ist in die Löwengrube zurückgekehrt und lässt die faschistischen Raubtiere gehörig nach seiner Pfeife tanzen. Aus Rache für die einst entwürdigende Behandlung schlägt er die nationalsozialistischen Mimen mit ihren eigenen Rassengesetzen und wird mit der umjubelten Darstellung eines heroisch-germanischen Wilhelm Tells zum Idealtypus der Blut- und Boden Ideologie.
Nach der Auszeichnung zum "Gottbegnadeten" durch Goebbels plant Kirsch alias Benedikt Höllriegl die Offenbarung der Wahrheit und die Bloßstellung des Rassenwahns. Sein Todesmut verlässt ihn jedoch, die Maskerade droht allmählich aufzufliegen, und die Verdacht schöpfenden Widersacher beauftragen die Gestapo mit der Untersuchung des Falls. Doch der couragierte Schauspieler hält eine letzte, triumphale Überraschung für sie bereit.
Die authentische Begebenheit aus dem Leben des jüdischen Schauspielers Leo Reuß, der 1936 unter dem damaligen Direktor Ernst Lothar am Wiener Theater in der Josefstadt in der Verkleidung des zünftigen Tirolers engagiert wurde, hat Felix Mitterer zu einem fantasievollen, pointierten, humorvollen und wichtigen Stück deutscher und österreichischer Vergangenheitsbewältigung gestaltet.


Leseprobe

1. BILD

KIRSCH: Ja, sag amal, du eingebildetes Weibsstück du, mit deiner angmalten Larven! Was glabst denn du, wer du bist, ha? I leb fürs Theater! I bin fürs Theater auf die Welt kommen! In mir hats immer nur oans geben: Theater! Dafür bin i weg, aus meine Berg, denen i jetzt schon jeden Tag nachrear, dafür bin i weg aus mein’ Hoamatland Tirol, des mei ein und alles is, habs vertauscht mit der Großstadt, wo i mi fürcht, vor de vielen Leut, vor die Automobile, wo i Schädelweh kriag von dem Lärm und dem Gstank, wo i koan Menschen kenn, wo di koaner griasst, wo’s koa Gras gibt und koane Küah und koan gscheiten Schnaps! Glabst du, du haltest mi jetzt no ab, nachdem i des alles auf mi nimm, weil i nur oans will: Schauspieler sein, den Menschen was zoagen, den Menschen was beibringen, aber ohne, dass sie’s merken, oanfach mit guate Stückeln sie a bissl weiterbringen! Des is Gottesdienst, was mir da machen, Frau, und des Theater, des is a Kirchen und aus der Kirchen lass i mi nimmer vertreiben! Hast mi verstanden, Frau?!



Rezensionen

Pressestimmen zu „In der Löwengrube“ von Felix Mitterer
Premiere: 10. Juli 2019, Stift Wilhering, Regie: Joachim Rathke

„’In der Löwengrube’ ist in Szenen verwandelte Zeitgeschichte.“

„In kaum einem Theaterstück kommen dem Publikum Opportunismus absolutistischer Regimes, katastrophaler Zynismus, Konkurrenzkämpfe unter Kollegen und Beliebigkeit von Beziehungen so tragikomisch nahe wie bei Felix Mitterers ‚In der Löwengrube’.“

„Die fein überdachten Dialog-Nuancen ziehen das Publikum mitten ins Geschehen, ohne zu zerren“
OÖ Nachrichten, 12.07.2019

„’In der Löwengrube’ hat [...] Parabelcharakter.“
Kulturbericht OÖ, 07/08.2019

Überragende KRITIKEN!!!

IN DER LÖWENGRUBE von Felix Mitterer
Premiere am 15. März 2018 im Theater in der Josefstadt, Wien
Regie: Stephanie Mohr

Florian Teichtmeister sorgt mit stoischer Miene und seinem kantigen Tirolerisch für Verblüffung und Heiterkeit. Alexander Absenger ist großartig als Einpeitscher des Regimes, Peter Scholz bezaubert als Theaterdirektor, Alexander Strobele gibt souverän-lässig den Bühnenmeister, André Pohl zieht alle Register zwischen Komik und Tragik für den ausgebooteten Mimen Polacek. Regisseurin Stephanie Mohr führt die verborgene Theatersatire vor, die in diesem im Grunde tragischen Werk steckt: Opportunismus der Schauspieler, ihre Enttäuschungen, Konkurrenzkämpfe, Affären und skurrilen Premierenfeiern. Die Aufführung ist dicht und aus einem Guss.
(Die Presse)

Nach 20 Jahren wurde Felix Mitterers Theaterposse rechtzeitig zu seinem 70er klug neuinszeniert: als Nachdenkübung zu den Tücken des Theaters. Stephanie Mohrs feine Inszenierung der Löwengrube folgt Mitterers brachialer Fabel mit wahrer Engelsgeduld, die Figuren können Tiefe entwickeln.
(Der Standard)

"In der Löwengrube" beinhaltet viele Szenen, in denen es ums Theater am Theater geht. Miriam Buschs Bühnenbild kopiert gekonnt die Josefstadt-Bühne - die Spiegelung verhilft der Aufführung zu mehreren charmanten Momenten. Das zwölfköpfige Ensemble trägt elegante Kostüme der Zeit (Nini von Selzam). Pauline Knof mimt so verhuscht wie divenhaft eine von NS-Granden umschwärmte Schauspielerin. Claudius von Stolzmann hat sich einiges von Joseph Goebbels abgeschaut, kopiert Diktion und Mimik des Reichspropagandaministers. Der Abend gehört aber Florian Teichtmeister in der Rolle Kirsch/Höllrigl. In jeder Gemütslage trifft Teichtmeister den richtigen Ton - vom feinsinnigen Künstler, der an den Verhältnissen verzweifelt, bis zum rohen Naturburschen, mit kräftigem Tiroler Akzent, der sich mit den Nazis verbündet. In jedem Augenblick verleiht der Schauspieler seinen Figuren die nötige Glaubwürdigkeit.
(Wiener Zeitung)

Was für ein freudiger Abend! Mohr betont die Komödie – und das Ensemble agiert mit größter Freude nicht nur am Spiel. Jeder, fast jeder, vermag zu rühren, darunter Pauline Knof als Diva, die so gerne lieben würde – nicht nur sich und das Rampenlicht. Florian Teichtmeister brilliert als Tiroler, der alle, fast alle, hinters Licht führt.
(KURIER)

Regisseurin Stephanie Mohr weiß, wie Mitterers Stücke anzupacken sind. Sie verwandelt die Zielstrebigkeit des Textes zum dramatischen Gebäude, in das man ihr gerne folgt. Mit einer erhöhten Drehbühne (Miriam Busch) ist der Kreislauf der Zeit umrissen, mit dem Florian Teichtmeister (Kirsch) etwas Brillantes anstellt. Er wuchtet das prahlerische Tiroler Selbstverständnis so famos spielerisch, wie er den stillen Juden bei dessen letztem Ausweg ziseliert. Als polternder Edel-Nazi schafft er obendrein den Typus eines Vegetariers, der sich zum König unter Menschfressern krönt, weil er nicht anders kann. Er ist Zentrum und Beobachter in einem, also sieht er, wie sich seine ehemalige Frau (Bravo für Pauline Knof) im Handel für Diven-Status an die Widerwärtigen verschenkt. Theatermacher Meisel (Peter Scholz) will nichts als Theater machen, Bühnenmeister Eder (Alexander Strobele) ist die alte, reine Seele des Betriebs, die Kirsch hilft, weil sie schweigt. Alma Hasun eine facettenreiche Olga, die ob ihres löchrigen Ariernachweises alles riskiert. Großer, langer Applaus für einen feinen, großen Theaterabend.
(OÖN)

Florian Teichtmeister ist anfänglich ein fast quälend duldsamer Kirsch, umso massiver tritt er dann als "Tiroler Golem" in Erscheinung: um in erstaunlich exzellentem Bergler-Dialekt ebenso komödiantisch wie beklemmend einen Rassisten in Lederhosen auf die Bühne zu stellen und zugleich einen Kirsch, der, getrieben von Rache, die Instrumente der Machtausübung gegen seine ehemaligen Peiniger richtet und letztendlich scheitert. Bravos für das Ensemble und „Neo-Siebziger“ Felix Mitterer.
(Tiroler Tageszeitung)

Für ihre Inszenierung hat Regisseurin Stephanie Mohr ein feines Ensemble um sich versammelt, das einmal mehr sein ganzes Können ausspielt. Allen voran Florian Teichtmeister, der in der "Doppelrolle" des jüdischen Schauspielers Arthur Kirsch und seiner Verkleidung als Tiroler Naturbursch Benedikt Höllrigl brilliert. Ihm gelingt eine wunderbar präzise Darstellung dieses Doppelcharakters. Famos ist auch Scholz als Direktor Meisel, dem Theater als Diktatur keine Fortune bringt. Mohrs gewitzte Inszenierung entwickelt an diesen Stellen eine Ausdrücklichkeit, dass einem das Lachen im Hals stecken bleibt. Sie findet für ihre Arbeit die Mitte zwischen Sarkasmus, Spannung und Sentiment, ihre Schauspieler treffen den von ihr vorgegebenen Ton zwischen komödiantischem Auftrumpfen und sensibler Nachdenklichkeit perfekt.
(Mottingers Meinung)

Stephanie Mohr ist Mitterer-Spezialistin und hat das rechte Gespür für die Tiefenschichten in Mitterers Dramatik entwickelt. Die Plots kommen gerne in banalster Direktheit daher. Das Querdenkerische, das Entlarvende, die Ungeheuerlichkeiten einer sich so unverstellt wie ungeniert offenbarenden Wirklichkeit zeigen sich erst auf den zweiten oder dritten Blick. Das ist in diesem Stück nicht anders. Die Rolle des Arthur Kirsch (so heißt er bei Mitterer) bietet reichhaltige Möglichkeiten. Die bereitete die Regisseurin mit dem wunderbaren Florian Teichtmeister berührend auf. Mit ähnlicher Akkuratesse sind alle Figuren durchgezeichnet in diesem an Personen reichen Stück. Peter Scholz als Theaterdirektor, zum Harlekin degradiert von den neuen Machthabern, kommt gar nicht heraus aus dem Händeringen und tut es doch mit souveränem Verständnis für die Unabänderlichkeit der Situation. André Pohl ist der Schauspieler-Kollege Polacek, Prototyp des eiligen Mitläufers. Ein deftiger Typ, für den man letztlich doch Mitleid empfindet. Stephanie Mohr arbeitet mit jeder und jedem im Ensemble sehr glaubwürdige Zwischentöne heraus.
(nachtkritik.de)

Claudius von Stolzmann liefert als Goebbels eine beeindruckende, differenzierte Studie eines Mächtigen, der seine Menschenverachtung als Kulturmenschentum tarnt, Alexander Strobele leistet fein nuancierten passiven Widerstand als Bühnenmeister Eder, Pauline Knof kämpft glaubwürdig als Kirschs Gattin mit sich und ihrem künstlerischen Egoismus.
(APA)

Regisseurin Stefanie Mohr (Bühne: Miriam Busch) arbeitet mit kräftigen Farben. Ihre Bilder sind so direkt wie zielgenau, es ist ein Theater, das wirkungsvoll und dennoch nicht oberflächlich ist. Florian Teichtmeister vollbringt eine darstellerische Meisterleistung, Pauline Knof spielt bravourös seine Frau.
(Kronen Zeitung)

Uraufführung: 24.01.1998, Volkstheater Wien
Regie: Rudolf Jusits

Dabei ist Mitterer auf einem recht einsamen Gipfel angekommen: auf der Höhe seiner Kunst.
Der Standard, 24., 25.01.1998