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Kaiserverlag

Höllenritt

Profitheater Dramatik, Zeitstücke
Autor:
Felix Mitterer / nach dem Original von John B. Keane
Besetzung: 4D / 5H / 1DEK
Originaltitel:
Sharon’s Grave
Übersetzung:
Felix Mitterer
Rechte:
Frei zur DEA

John B. Keane (1928-2002) ist der meistgespielte Dramatiker in Irland.
Von 1955 bis zu seinem Tode betrieb John B. – wie ihn die Iren liebevoll nennen – ein Pub in Listowel, County Kerry, wo er natürlich auch den Stoff für seine Stücke und Erzählungen fand. Sein berühmtestes Stück ist „The Field“, 1990 mit Richard Harris verfilmt und für einen Oscar nominiert.
Im Zentrum von „Höllenritt“ (im Original „Sharon’s Grave“, UA 1960) steht in Shakespeare-hafter Größe eine der unglaublichsten Figuren der Theaterliteratur, ein gelähmter Krüppel, der auf dem Rücken seines Bruders zu reiten pflegt und mit Gewalt und List seiner Cousine ihr Erbe abjagen will. Denn nur als Hofbesitzer, so glaubt er, wird er eine Frau zum Heiraten finden.
Ein wildes, manchmal groteskes Stück, tragisch und komisch zugleich, wahrlich ein Höllenritt.


Leseprobe

1. AKT, 1. SZENE

TRASSIE: Jack, warum schleppst du den Teufel da mit dir herum? Warum lasst du dir alles von ihm gfallen? Renn aussi mit ihm auf die Klippen und schmeiß ihn ins Meer! Dann bist du frei! Die Madeln schaun dir nach, drinnen im Festland! Weil du a fescher Bursch bist! Tua heiraten und übernimm den Hof von dein’ Vater!
JACK: Die Madeln schaun mir nach?
DINZIE: Hör nit auf sie, Jack! Sie will nur an Keil zwischen uns treiben! Mir sein Brüader, vergiss des nit, mir sein aus dem gleichen Wurf! Brüader halten zamm!
TRASSIE: Jack, du nimmst jetzt sofort dein Bruader buggelkraxen und verschwindest mit ihm! I will, dass mein Vater in Ruhe sterben derf!
DINZIE: Du bringst mi da nit aussi, Trassi, du nit! (Heult auf.) I brauch a Haus, versteh des doch! I brauch eignen Grund und Boden! I verfluach mi jede Nacht im Bett, weil koa Frau mit mir redet! I hau meine Nägel in meine tauben Haxen (tut es), weil koa Frau mi anschaut! (Fährt mit der Hand an seinen Buckel.) Und der Auswuchs da, (krallt seine Finger in den Buckel) der Fluch Gottes auf mein’ Buckel!
JACK: Dinzie, kimm, mir gehn jetzt. (Kehrt ihm den Rücken zu, will ihn hochnehmen.)
DINZIE: (schlägt ihm in die Leber, stößt ihn weg) Na, mir gehen nit! Mei Vater hat ma versprochen, dass i den Hof da kriag, und i kriag ihn a! Was will sie denn mit an Haus, mit an Hof, mit Schaf und Küah? Sie heiratet eh nit! Des woaßt du doch, Jack! Du woaßt doch, wie viele sie schon abgwiesen hat! Mit der stimmt doch was nit!
TRASSIE: Halt dein dreckiges Maul, Dinzie!
DINZIE: Vierzehn war i, da hab i schon an die Frauen denkt ... Und immer no denk i an sie. Bis i endlich krepiert bin, wer i an die Frauen denken. I hab auch a Recht, dass mi ein Mensch anschaut! (Schreit) I hab auch a Recht, dass i einen warmen Leib spür an mir! (Leise) Wenn i a Haus hab, kriag i a Frau.
TRASSIE: Mei Haus kriagst du nit.
DINZIE: Soll i singen, Jack? Sag, soll i singen? (Zu Trassie) I hab schwarze, faule Zähnd, aber da in der Gurgel, da sitzt a Stimm, de will singen. (Stimmt leise ein Liebeslied an.)
TRASSIE: Bringst du ihn jetzt weg oder soll i die Hund holen?
JACK: Woaßt du, was passiert, wenn i ihn jetzt auf mein Buggel nimm? Er wird mi schlagen und würgen und kratzen, dass i aufjaul wia a Hund. Kimm doch zu uns und lass ihm des Haus. Irgend a alte Frau wird ihn scho heiraten. Dann is er zfrieden.



Rezensionen

Deutschsprachige Erstaufführung: 31.07.2007, Tiroler Volksschauspiele Telfs
Regie: Markus Plattner

Die von Felix Mitterer übersetzte Fassung schlug das Publikum in den Bann.
ORF.at, 01.08.2007