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Kaiserverlag
Besetzung: 5D / 14H / / Stat / Sim
Bearbeitung:
nach Wilhelmine von Hillern

Vor versammelter Fronleichnamsprozession hebt Wally in einer dramatischen Aktion, nur an einem Seil hängend, einen jungen Adler aus seinem Nest.
Ihr Vater, der stolze und mächtige Stromminger-Bauer, will seine Tochter mit dem vermögenden Vinzenz verheiraten, doch die Wally mag ihn nicht. Sie will den „Bärenjosef“, einen Jäger. Der Josef und Stromminger geraten in einer Rauferei aneinander, Josef ringt ihn nieder. Damit ist Wallys Schicksal besiegelt, denn tief in seinem Stolz getroffen verbietet er Wally jeden Umgang mit Josef und befiehlt ihr, den Vinzenz zu nehmen. Sie widersetzt sich, der Vater verbannt sie auf die Hochalm.
Umgeben von Einsamkeit und Kälte hat Wally eine Vision von den Saligen, sie rufen sie und verheißen ihr Erlösung von ihrem Schmerz. Doch sie ist noch nicht bereit, noch hat Wally die Kraft der Jugend und will ihre Hoffnung, die Liebe Josefs erringen zu können, nicht aufgeben.
Im Herbst darf Wally wieder zurück auf den väterlichen Hof. Doch dort hat inzwischen Vinzenz das Zepter übernommen. Als der den alten Knecht Kletter mit dem Ochsenziemer peinigt, schlägt Wally den Vinzenz nieder, er bricht ohnmächtig zusammen. Stromminger will sie von den Knechten fesseln lassen und in den Keller sperren. In ihrer Verzweiflung nimmt sie ein brennendes Holzspan und wirft es ins Stroh, inmitten der Aufregung um das Feuer kann sie entkommen. Der Vater verflucht seine Tochter.
Wally ist in die Berge geflohen, dort begegnet sie Josef. Als der Adler sich auf ihn stürzt, will er ihn erschießen, Wally kann ihn gerade noch abhalten. Josef erzählt ihr, dass der Vater ein Kopfgeld auf sie ausgesetzt hat.
Der alte Knecht Kletter sucht sie und überbringt ihr die Nachricht, dass der alte Stromminger schwer krank ist. Da geht sie zum Vater, am Sterbebett kommt es zur Versöhnung.
Nun ist Wally Herrin am Hof, sie entlässt Vinzenz, der nicht von ihr loskommen kann. Er will ihr einen Kuss abringen, doch Wally, immer noch stark und wild, wehrt ihn ab. Sie gibt die Devise aus: „Wer mir a Bussl dergibt, den heirat i!“
Die Burschen stehen Schlange, um die Wally zu bezwingen. Nur einer kommt nicht, der, auf den sie sehnlichst wartet, Josef. Der scheint es inzwischen mit der Kellnerin vom Lammwirt, der Afra, zu halten. Als Wally im Wirtshaus auftaucht, beleidigt sie Afra als Flitschen.
Eines Tages wird Wally durch einen Boten von Josef zum Tanzfest geladen. Sie kann ihr Glück kaum fassen. Endlich werden sie zueinander finden. Beim Fest, vor allen Leuten, verlangt Josef einen Kuss von ihr, doch er will ihn im Kampf erringen. Wally ist verwirrt, sie erkennt die Gefahr nicht. Nach einem langen, atemlosen Ringen gibt Wally nach, Josef drückt ihr einen Kuss auf die Lippen. Dann lässt er sie stehen und tanzt mit Afra. Hohngelächter bricht aus, das sei seine Rache, dass sie Afra beleidigt hatte: „Dei Herz is kalt wia des Eis am Gletscher.“ Zutiefst gekränkt und von allen beschämt, stürzt Wally davon. Vinzenz folgt ihr. Tot will sie den Josef nun sehen. Den heiratet sie, der ihn der Afra tot vor die Füße legt.

Mit seiner Theaterpranke hat Felix Mitterer hier eine großartige Fassung geschaffen. Blutvolle Charaktere agieren in packenden Szenen, eine über 100 Jahre alte Geschichte wird somit virtuos in Szene gesetzt.


Leseprobe

4. DIE VERBANNUNG

Der Stromminger geht zornig voran Richtung Hof, Wally (Adler am Arm) hinter ihm nach.

WALLY: Vater! Vater! Den will i!

Der Stromminger hört nicht auf sie. Vinzenz kommt ihnen nach.

VINZENZ: He! Wartets auf mi! (Er holt sie ein.) Stromminger! Ös hättests ihn packt! Leicht! Wenn er nit so an gemeinen Griff angwendet hätt!

Stromminger bleibt stehen, schaut Vinzenz eine Weile an.

STROMMINGER: Willst sie no haben?

VINZENZ: Was? (Kapiert dann.) Ja, freilich! Freilich will i sie haben!

STROMMINGER: Sie ghört dir. In vier Wochen is Hochzeit.

WALLY: So – und i wer nit gfragt, oder wia?

STROMMINGER: Du nimmst ihn – und aus!

WALLY: (zum Adler) Geh, lass uns a bissl alloan, Vogel. Warum sollst dir des Menschengschroa anhören...? Fliag!

Sie hebt den Arm, der Adler fliegt weg.

WALLY: (zum Vater) I mag ihn nit!

STROMMINGER: (zu Vinzenz) Geh! I mach des schon.

Vinzenz geht zögernd weg, Stromminger wartet, bis er verschwunden ist.

STROMMINGER: Hab i di gfragt, ob du ihn magst oder nit?

WALLY: Na, i sag dirs ungfragt.

STROMMINGER: I bin dein Vater. Du hast mir zu gehorchen. So wia i meinem Vater gehorcht hab. I hab dei Muatter zwoamal gsehn, vor der Hochzeit. Und sie war die Richtige, Gott hab sie selig.

WALLY: I lass mi nit verhandeln wia a Stuck Viech, Vater!

STROMMINGER: Du ghörst mir, du bist aus mir hervorgangen! Du tuast, was i sag, oder i jag di von Haus und Hof und enterb di!

WALLY: Is doch mir gleich! I bin jung und stark gnuag, dass i ma mei Brot selber verdienen kann!

Er starrt sie an, schlägt ihr plötzlich den Stock auf die Schulter.

STROMMINGER: Soll i ma von die Leut nachsagen lassen, dass i mei Kind nit derbandel? Du nimmst den Vinzenz, und wenn i di in die Kirchen prügeln muaß!

WALLY: Und nacha? Was tuast, wenn i na sag, vorm Altar. Derschlagst mi dann?

Er starrt sie an.

WALLLY: I will den Josef. Ihn und koan andern. Mir sein bestimmt füreinand. Die Geierwally und der Bärenjosef! Könnts machen, was wollts.

Der Stromminger beginnt plötzlich, mit dem Stock auf sie einzuprügeln. Sie stürzt abwehrend nieder, er schlägt weiter auf sie ein, sie kehrt ihm zusammengekauert den Rücken zu, immer wieder schlägt er auf sie ein, bis er schließlich müde wird und zu schwanken beginnt. Er setzt sich an den Wegrand, wischt sich die Stirn ab, starrt auf seine Tochter.

STROMMINGER: Gibst nach?

WALLY: (richtet sich auf) I glab, enker Viech habts no nia so gschlagen wia mi jetzt. Ös seids nimmer mei Vater. Ös seids ma jetzt genauso liab wia der Similaun-Gletscher da oben. (Klopft an ihr Herz.) Kalt. Eiskalt.

STROMMINGER: (steht auf, geht ein paar Schritte, dreht sich um) Guat. Guat. Wenn dir der Similaun genauso liab is wia dei Vater, dann ghörst a dort hin. Unter mein Tisch streckst du deine Füaß nimmer. Glei morgen in der Fruah gehst du aufs Hochjoch, Goaß hüaten.

WALLY: Des wern aber die Goaß nit aushalten. Es is Mai. Da oben is no Winter.

STROMMINGER: Mach dir koane Sorgen um meine Goaß. De schick i mitn Kletter nach, in vier Wochen. Aber du, du gehst glei auffi. Da oben, unterm Gletscher, kannst vielleicht besser nachdenken. Und im Herbst wer ma sehen, ob du di besonnen hast.

WALLY: Mei Liab hat nix mit der Jahreszeit zu tuan, Vater. Da kannst lang warten.

Sie geht stolz davon, stößt einen Pfiff aus, der Adler kommt zurück, landet auf ihrem Arm, sie geht weg. Stromminger schaut ihr niedergeschlagen nach.