- Autor:
- Louis Sachar
- Originaltitel:
- The Boy Who Lost His Face
- Übersetzung:
- Übersetzung und für das Theater adaptiert: Thomas Birkmeir
- Rechte:
- Frei zur DEA
- Typ:
- ab 12
Der Fluch der alten Dame – alles Aberglaube? Wenn man bei Roger, Scott und Randy dazugehören will, muss man cool sein. Trotzdem war es eine blöde Idee, der alten merkwürdigen Mrs Bayfield einen „Besuch“ abzustatten. Ausgerechnet David bleibt nach der Attacke auf Mrs Bayfield als Letzter zurück. Und ausgerechnet ihm murmelt sie etwas hinterher, was sich anhört, wie ein Fluch. Er soll anscheinend dasselbe erleben, was die alte Dame, dank seiner Hilfe, durchmachen musste. Denn wie ist es sonst zu erklären, dass ihm neuerdings jeden Tag irgendwelche Peinlichkeiten passieren, die an die Geschehnisse bei Mrs Bayfield erinnern?
Die Clique hatte dafür gesorgt, dass Mrs Bayfield aus dem Schaukelstuhl kippte – David kippt mitten im Unterricht vom Stuhl. Für einen Augenblick sah David Mrs Bayfields rot gerüschte Unterhose – David rutscht ausgerechnet vor Tori, mit der er gern zusammen wäre, die Hose herunter. Muss er jetzt mit der Tatsache leben, dass seine ehemaligen Freunde ihn schneiden, dass Mädchen über ihn kichern und sein kleiner Bruder sich seiner schämt?
Immerhin halten Mo und Larry zu ihm. Und komischerweise Tori. Tori: Sie hat manchmal so ein irritierendes Lächeln um die Augen, wenn von der unheimlichen Mrs Bayfield die Rede ist. Er muss noch einmal mit Mrs Bayfield reden – und sich entschuldigen.
Rezensionen
Uraufführung: 12.10.2017, Theater der Jugend, Theater im Zentrum, Wien, Regie und Bühne: Gerald Maria Bauer
Louis Sachars Roman auf der Bühne des Theater der Jugend
Ach, die Pubertät ist schon eine Plage – das weiß auch David Ballinger (Stefan Rosenthal). Aber trotz aller altklugen Ironie muss er nun einmal selbst da durch und erfährt in den gut 120 Minuten des "Fluches des David Ballinger" im Theater der Jugend nicht nur die geballte Boshaftigkeit der Mitschüler, sondern auch noch übernatürliches Unglück.
David scheitert beim Versuch, dem Rabaukentrio der heimischen Highschool zu imponieren – der ältlichen Mrs. Bayfield, einer vermeintlichen Hexe, wird übel mitgespielt –, und wird von dieser mit einem Fluch belegt.
Weil nun alles schiefzugehen scheint, David aber in die unschuldige Überfliegerin Tori (Shirina Granmayeh) verknallt ist, schließt er sich mit den restlichen Versagern zum "Club der hässlichen Hormonverweigerer" zusammen. Vom Nerd bis zur Cheerleaderin wird kein Stereotyp des Highschoolfilms ausgelassen, aber die herrlich selbstironischen Dialoge sind so entwaffnend, dass man der frechen Mo (Julia Edtmeier) auch das gewollt rebellische Debbie-Harry-Gedächtnisoutfit verzeiht, wenn sie Bonmots parat hat wie: "Der schwanzlosen Kuh treibt Gott selbst die Fliegen weg."
Trotz Ungeschicklichkeiten Davids nimmt auch Tori zaghaft Kontakt zu ihm auf, gemeinsam mit dem "Club", dem Sonderling Larry und Davids Schwester Ricky nimmt sie es im Showdown mit den Schulhoftyrannen auf. Die im Zeitlupentempo gespielte Prügelszene schafft es, untermalt vom berückend kitschigen "Seeds" der Indiepopperin Camille, weder gewalttätig noch comicartig zu wirken. Dafür illustriert sie aufs Trefflichste die cineastische Qualität der Inszenierung (Regie und Bühne: Gerald Maria Bauer), die sie auch für Ältere im Publikum zum Vergnügen macht.
Neben der Zeitlupe kommen allerhand Soundeffekte wirkungsvoll zum Einsatz, etwa wenn David mal wieder der Mittelfinger "ausrutscht", obwohl er nicht sicher ist, was der zu bedeuten hat. Der Soundtrack erinnert stark an US-Serien wie "House of Cards" und "Twin Peaks", endgültig offenbart das Wohnzimmer der Mrs. Bayfield das Spiel der popkulturellen Zitate: Man findet sich im Sitz des Vielgesichtigen Gottes aus "Game of Thrones" wieder. Unterhaltsam!
Kathrin Heinrich
Kronen Zeitung – 20.10.2017
Teamplayer werden!
Durch seinen Bestseller "Löcher" ist Louis Sachar weltweit bekannt geworden. Mit "Der Fluch des David Ballinger" ist ihm ein weiteres sehr spannendes Buch gelungen, welches das Theater der Jugend in der Übersetzung und Bühnenfassung von Hausherr und Intendant Thomas Birkmeir im Theater im Zentrum auf die Bühne bringt.
Louis Sachars wunderbares Buch kann alle trösten und zum Lachen bringen, die mit dem Fluch der Pubertät zu kämpfen haben. Aber auch Erwachsene haben an dieser Geschichte voll Witz, köstlicher Ideen und skurriler Charaktere jede Menge Spaß.
David wollte einfach nur "dazugehören", doch nun wird er immer mehr zum Gespött der gesamten Schule. Erst als er sich mit der frechen Mo und dem schrägen Larry anfreundet, keimt neue Hoffnung in ihm auf. Gemeinsam versuchen die drei Außenseiter, den Fluch der alten Mrs. Bayfield von David zu nehmen. Als David erfährt, dass auch seine kleine Schwester Ricky zunehmend unter seinem Unglück leidet, beschließt er tapfer, zu drastischeren Mitteln zu greifen, um endlich dem Spuk ein Ende zu bereiten. Große Themen wie Selbstfindung, Freundschaft und erste Liebe werden in Gerald Maria Bauers Regie flott und lässig erzählt.
Starke Triebfeder für ein temporeiches und ausdrucksstarkes Theatererlebnis sind die hervorragenden Darsteller (Julia Edtmeier, Shirina Granmayeh, Sabrina Rupp, Seraphine Rastl, Stefan Rosenthal, Rouven Magnus Stöhr, Bernhard Georg Rusch, Florian Feik, Markus Gläser und Uwe Achilles).
Sie alle meistern spielfreudig, ausdrucksstark und voller Begeisterung ihre Rollen und machen den Jugendlichen ab elf Jahren erfahrbar, wie sich der pubertierende David vom schrulligen Außenseiter zum Teamplayer mausert. Sehenswert!
Florian Krenstetter
Wiener Zeitung Online – 22.10.2017
Unglück mit dem Mittelfinger
Mit kollektivem "U-u-u-h" und "A-a-a-h" raunen mehrheitlich Mädchenkehlen David Ballinger ins Happy End. Sie meinen "Küss sie!", David. Tori, die Schönste in der Schule, gehört dir. Auch Ironie ist im Spiel. Wir wissen ja, dass alles gut wird. Und altklug gesagt: Der Hexenfluch, den sich David grob fahrlässig einfängt, stellt sich, wie die Pubertät, als schmerzhafte Hürde dem Durchmarsch ins Erwachsenenglück in den Weg. Auch Ferdinand Raimund schickte brave Burschen in solche Prüfungsaggregate. Gerald Maria Bauer (Regie und Bühne) genügen glatte Schiebewände für sein Zauberreich.
Der Buchhandel jammert, dass Jugendbücher kaum mehr "gehen". Direktor Thomas Birkmeir holte einen alten amerikanischen Bestseller ins Theater der Jugend: Louis Sachars "Der Fluch des David Ballinger". Ein Glücksgriff, nicht sein erster, in den Prosafundus. Alltäglich die Situation der Kids zwischen 14 und 17: Zerfall einer Bubenbande, die Rabauken schieben den Zögerlichen ins Eck. David (Stefan Rosenthal) geht bloß mit, als die Brutalos Roger (Rouven Magnus Stöhr), Scott (Bernhard Georg Rusch) und Randy (Florian Feik) einer außenseiterischen Dame Angst und Schrecken einjagen. Er streckt ihr, ehe er flieht, den F.-Y.-Mittelfinger entgegen. Aber deshalb trifft ihn ihr Fluch. Ja, der aus dem romantischen Zaubermärchen mit Blitz und Donner.
Alles geht schief, totaler Loser. Was Mrs. Bayfield (Seraphine Rastl) angetan wurde, trifft nun David. In der Schule birst der Sessel unter ihm. Er verliert die Hose und wird ausgelacht. Rivale Scott gewinnt Terrain bei der heimlich verehrten Tori (Shirina Granmayeh). Sogar Schwester Ricky (Sabrina Rupp) kündigt ihm Freundschaft und Gefolgschaft auf. Zwei konträre Typen, selber Außenseiter, bleiben ihm als Helfer treu: die unerschütterlich erdverbundene Mo (Julia Edtmeier) und der Traumtänzer Larry (Markus Gläser), Aufschneider aus Schwäche. David entschuldigt sich bei der bizarren Alten. An ihren Wände hängen hunderte Masken. Daher ihr Ruf als "Hexe", die Lebendigen das Antlitz vom Haupte stiehlt. Gemach! Sie ist bloß Künstlerin im plastischen Fach.
Hans Haider
European Cultural News – 23.10.2017
Ein böser Fluch
Lautes Kreischen, ein kollektives "Oooohhh" und das Seufzen von 230 Kindern – sie bilden eine höchst lebendige Geräuschkulisse zum Stück "Der Fluch des David Ballinger".
Das Theater der Jugend präsentierte im Theater im Zentrum in der Liliengasse seine neue Produktion. "Der Fluch des David Ballinger" von Louis Sachar. Darin wird mit viel Humor eine spannende Geschichte von allerlei Hirngespinsten, aufkeimenden Gefühlen der ersten Liebe und gesellschaftlichen Ausgrenzungen erzählt.
Ein Fluch lastet auf David
In der Regie von Gerald Maria Bauer gelingt es dem Ensemble, die Kinder und Jugendlichen im Nu in das Geschehen hineinzuziehen. Durch die direkte Ansprache von Stefan Rosenthal, der in der Rolle des David Ballinger die Sympathien des Publikums im Nu für sich gewinnen kann, fühlen sich die jungen Theaterbegeisterten auch rasch wie Verbündete. Er berichtet ihnen, dass er verflucht sei und nicht wisse, ob denn nicht schon bald auch sein Ende nahen würde.
Step by step führt er sie mit auf seine Reise in ein Abenteuer, bei dem es um Mitmachen in einer Clique, um unbedingtes Dabeisein-Wollen aber auch um Widerstand und den Kampf um das Recht auf die eigene Persönlichkeit geht. Bald schon bereut er, dass er mit falschen Freunden an einer Aktion beteiligt war, bei der Mrs. Bayfield, eine ältere Dame, die es sich im Schaukelstuhl vor ihrem Haus bequem gemacht hatte, zu Schaden kam.
Zeitlupe im Theater
Wie aber herauskommen aus einem Strudel von Angst und Lügen, die David aufbauen musste, um nicht bei seiner Schwester Ricky (Sabrina Rastl) und seiner Flamme Tori (Shirina Granmayeh) wie ein Verlierer dazustehen? Dazu braucht es tapfere Freunde wie die unerschrockene Mo Miller (Julia Edtmeier), die ihren zukünftigen Hund, einen Chihuahua, Killer nennen wird und Larry Clarksdale (Markus Gläser), der vorgibt, ein Meister in Kung-Fu zu sein. Was übrigens zu einer höchst brenzligen Situation führt.
Die Highlights der Inszenierung sind jene Szenen, die in Zeitlupe vorgeführt werden. Da gibt es beim Publikum kein Halten mehr. Als David mit seiner Schwester und seinen Freunden gegen die Gang mit Roger, Randy und Scott kämpfen und so manche Hose fällt, bleibt kein Auge trocken. Nicht zum ersten Mal sind es die Mädchen, die im Theater der Jugend zu wahren Heldinnen avancieren. Dass sie dabei immer ihre Intelligenz einsetzen, ist Ehrensache.
"Der Fluch des David Ballinger" serviert am Ende auch noch eine große Portion Gänsehaut. Ein rasant inszeniertes Stück mit tollen Bildern, die bis auf verschiebbare Wände, sonst wenig Kulisse benötigen, aber Lust auf viel, viel mehr Theater machen.
Michaela Preiner
KinderKurier Online – 21.10.2017
Zusammenhalt gegen "Fluch" durch Mobbing
Pubertäre Gefühls-Hochschaubahn: "Der Fluch des David Ballinger" von Louis Sachar im Theater im Zentrum (Theater der Jugend, Wien).
Außenseiter aller Art vereinigt euch und alles wird gut. Auch wenn’s bis dahin ein sehr harter Weg ist auf dem Licht am Ende des Tunnels nicht wirklich in Sicht zu sein scheint. So lässt sich kurz "Der Fluch des David Ballinger" von Louis Sachar zusammenfassen. In einer Übersetzung und Bühnenfassung des Theater der Jugend-Direktors Thomas Birkmeir und der Regie von Gerald Maria Bauer ist die Story nun im kleineren Haus, dem Theater im Zentrum, zu sehen.
Loser...
"Ich war einmal das ganz normale Kind ganz normaler Eltern" – so stellt sich die Hauptfigur, gespielt von Stefan Rosenthal vor. Die Darsteller_innen treten hin und wieder aus ihren Rollen heraus und wenden sich sozusagen erklärend ans Publikum. Um dazu zu gehören, überfällt er mit den bösen Jungs Roger Delbrook (Rouven Magnus Stöhr), Scott Simpson (Bernhard Georg Rusch) und Randy Newman (Florian Feik) die alte Mrs. Bayfield (Seraphine Rastl), die als Hexe bezeichnet wird. Die anderen sind schneller wieder weg, David vermeint als Rache der alten Frau einen Fluch zu verspüren, weil ihm Ähnliches widerfährt, was die Jungs der alten Frau angetan haben. Er wird zum totalen Loser, Ausgestoßenen. Sogar die jüngere Schwester Ricky (Sabrina Rupp), die ihn anhimmelt, beginnt ihn zu verachten, als sie draufkommt, dass er sie mit eigenen Heldengeschichten angelogen hat.
Humorvolle Konter
(Zusammen-)Halt findet er erst, als er sich mit dem Außenseiter_innen-Duo Mo Miller (Julia Edtmeier) und Larry Clarksdale (Markus Gläser) sozusagen auf ein Packl haut. Mo kümmert sich selbstbewusst nicht im Geringsten um klischeehaften Anforderungen an Mädchen. Humorvoll kontert sie schlau und schlagfertig den rohen, gewalttätigen Macho-Typen mit Sprüchen, die sie auf Webplattformen wie "Spaß mit Beleidigungen" gezielt sucht und einsetzt. Und vielleicht auch der einen oder dem anderen im Publikum, die im realen Leben gemobbt werden, rückenstärkende Anregungen mit auf den Weg gibt. "Wenn du eine Fliege verschluckst, hast du im Magen mehr Hirn als im Kopf", kontert sie einem der hirnlosen Schläger.
Kraft zur Entschuldigung
David, der unsterblich in die Schönste der Schule, die Dichterin Tori Williams (Shirina Granmayeh), aus weiter Distanz verliebt ist, wird nun sogar von dieser wahrgenommen - und mehr. Er wird so stark, dass er sich bei der "Hexe" für den Überfall entschuldigen kann – und auf Überraschendes draufkommt.
Kurzweilig spielt das Ensemble die zweistündige Pubertäts-Außenseiter-Geschichte, zweitweise in fast filmischem Stil. Das gilt insbesondere für die Showdown-Kampf-Sequenz in Slow Motion, die in dieser Art das Kampfgehabe ironisch bricht, aber nicht lächerlich wirkt.
Heinz Wagner
FALTER – 01.11.2017
Schuld und Sühne eines Teenagerlebens
Alles geht schief bei David Ballinger. Weil er dazugehören will, zeigt er der alten Mrs. Bayfield den Mittelfinger, dann will sein bester Freund nicht mehr mit ihm abhängen, weil er meint, Ballinger würde seinem Ruf schaden, und beim Baseballspielen im Garten schlägt er eine Fensterscheibe ein. "Der Fluch des David Ballinger" nach dem Roman von Louis Sachar ist eine klassische Teenagergeschichte übers Außenseiterdasein, die erste Verliebtheit und darüber, wie die Freaks der Schule eigentlich die cooleren Leute sind. Gerald Maria Bauer inszeniert das amüsante Stück im schlichten Bühnenbild und mit einem Soundtrack à la Hollywood-Film. (...)
Sara Schausberger
Online Merker – 18.10.2017
Theater der Jugend: DER FLUCH DES DAVID BALLINGER
(...) wenn das Theater der Jugend naturgemäß viele junge Schauspieler hat, sind diese als "Schüler" natürlich bestens eingesetzt, voran Stefan Rosenthal als bebrillter Unglücksrabe David, aber alle anderen auch, selbst wenn sie vor allem Klischeefiguren vorstellen – aber so erzählen sich Geschichten (und ihre Lehren) natürlich am leichtesten. Und das jugendliche Publikum ab 11 Jahren nahm lebhaft Anteil – mit besonders zynischem Gelächter und Gepfeife, wenn es um jugendliche Schüler-Verliebtheit ging. Wie gesagt, die da unten haben sicher eine Menge erkannt, was bei denen da oben abgehandelt wurde.
Renate Wagner