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Kaiserverlag
Besetzung: 4D / 14H / 1DEK
Typ:
Eine Passion

Moid, eine Dienstmagd auf einem Bauernhof in der Zeit um 1830, steht zwischen drei Männern: dem Großknecht Bast, dem Bauernsohn Ruepp und dem Gottessohn Jesus Christus.
Gegen das aufdringliche Werben der beiden ersten wehrt sie sich standhaft, und als sie eines Tages die Wundmale Christi empfängt, wirkt sie als nunmehrige Braut des Herrn Wunder an Kranken und predigt gegen soziale Ungerechtigkeit.
Der Bauernsohn Ruepp erscheint eines Nachts mit Teufelsmaske, schlägt Moid bewusstlos und vergewaltigt sie. Die Magd gerät nun in die Mühlen von Wissenschaft, Kirche und Gesetz. Moid, die sich keiner Schuld bewusst ist, glaubt einen Alptraum gehabt zu haben und wird von einem Professor der Medizin, der das Wunder wissenschaftlich untersuchen soll, des Betrugs bezichtigt, als er eine Schwangerschaft feststellt. Der ebenfalls anwesende Monsignore führt einen Exorzismus durch. Die ausgetriebenen Dämonen fahren jedoch in ihn über, stellen seine Verfehlungen bloß, geben den Namen des Vergewaltigers preis und provozieren Mord und Selbstmord.
Die Passion der Magd endet, als sie nach der Geburt ihres Kindes von der Exekutive als Aufhetzerin gegen Obrigkeit und Kirche inhaftiert werden soll. Sie wirft sich schützend vor das abgefeuerte Gewehr eines Gendarmen, der auf den Kleinknecht zielt als dieser ihre Flucht ermöglichen wollte. Das Volk rottet sich zusammen und vertreibt die Vertreter des Staats – ein erster Sieg der Vorrevolution.


Leseprobe

9. STATION

MOID: Ja. Mei, war des schön. I hab die Muatter Gottes gsehn, mit dem Jesuskind im Arm, und sie hat mi ganz liab angschaut und hat mir des Jesuskind entgegengehalten und i habs gnommen und ‘s Jesuskind hat mir abbusselt und hat mir mit seine kloan’ Handelen die Wangen gstreichelt. Schrein hätt i können vor Glück.
MONSIGNORE: Sehr interessant!
PROFESSOR: Ich muss mich selbst überzeugen, ob du noch Jungfrau bist. … (fährt mit der rechten Hand unter die Decke, untersucht Moid) Virgo intacta non iam est.
MONSIGNORE: Was?
PROFESSOR: Sie ist keine Jungfrau mehr!
MOID: Des is nit wahr!
PROFESSOR: Außerdem ist sie schwanger.
PFARRER: Des gibts nit! Des gibts nit! Sie müassen sich täuschen, Herr Professor!
PROFESSOR: Der Herr Landpfarrer dürfte in diesen Dingen wohl weniger bewandert sein, oder? Sie ist schwanger! Das steht fest!
MONSIGNORE: So! So! So ist das! Das gibt der Sache natürlich eine entscheidende Wendung! Keine Jungfrau mehr und schwanger noch dazu! Wer ist der Vater des Kindes?
MOID: I bin nit der Hoffnung! No nia in mein Leben bin i mit an Mann zusammen gwesen! I schwör’s bei der Jungfrau Maria!



Rezensionen

Uraufführung: 18.08.1982, Tiroler Volksschauspiele Telfs
Regie: Ruth Drexel

Die „Passion“ der Magd Moid in Stigma ist eine sprachmächtige Parabel über die Erniedrigten und Entrechteten, die Legende eines weiblichen Woyzeck.
Der Spiegel, 23.08.1982

Während in Innsbruck und in einigen Tiroler Gemeinden Bußgottesdienste abgehalten werden, kommt in Telfs Felix Mitterers Stigma zur Uraufführung: ohne Ausschreitungen, ohne Bombenattentate.
Kronen Zeitung, 20.08.1982