- Autor:
- Jim (Estland) Ashilevi
- Originaltitel:
- Portselansuits
- Übersetzung:
- Irja Grönholm
- Rechte:
- Frei zur dtspr. EA
Ike kehrt nach fünf Jahren zu seiner Freundin Kioko zurück, steht einfach eines Tages an ihrer Wohnungstür.
Bevor er ging, hatte er versucht, Kioko umzubringen. Bis zu dem Moment des Wiedersehens war er davon ausgegangen, dass es ein geglückter Mordversuch war. Kioko aber hat den Anschlag in einer Klinik überlebt, lag lange im Koma und führt nun ein tristes Dasein als Verkäuferin in einem Supermarkt.
Es ist zu spüren, dass beide ihrer einstigen großen Liebe nachhängen, einen Neubeginn jedoch scheuen.
Ike versucht, seinen Mordversuch zu erklären. Er wollte sie retten, retten vor Kassini, dem Ungeheuer, das alles vernichtet hätte und auch jetzt noch eine Gefahr darstellt. Kassini ist ein Zauberer, die dunkle Seite von Ike. Er taucht auf, zieht alle in seinen Bann und versucht Kioko und Ike auseinander zu bringen. Zugleich verkörpert er aber auch die Mensch gewordenen Ängste, denen Ike sich stellen muss.
Das Stück besticht durch die sparsamen Mittel im Handlungsablauf, die knappen Dialoge sowie die stark verdichtete Sprache.
Leseprobe
4. Szene
Ike zieht sich aus und geht ins Bad unter die Dusche. Kioko nimmt Ikes Sachen unter die Lupe. Am Hemd fehlt ein Knopf. Kioko sucht aus dem Schubfach einen Knopf, Nadel und Faden, näht den neuen Knopf an. Ike kommt vom Duschen.
Kioko: Ich habe es ganz gemacht.
Ike: Der hat eine andere Farbe.
Kioko: Ich weiß. Aber besser als nichts.
Ike: Ja, das ist lieb.
Ike zieht sich an.
Ike: Dein Besuch ist noch nicht da.
Kioko: Richtig. Hast du Hunger?
Ike: Nein, es geht schon.
Kioko: Bitte, einfach, hast du Hunger oder nicht?
Ike: Ich denke, das ist für deinen Besuch.
Kioko legt die Essenspäckchen auf den Tisch, gießt Wein ein.
Ike: Ich fühle mich ohnehin schon schuldig.
Kioko: Das ist normal. Würde mir genauso gehen.
Ike setzt sich mit Kioko an den Tisch.
Kioko (das Essen betreffend): Jetzt ist es kalt.
Ike isst mit Appetit, und mit jedem Happen geißelt ihn Reue.
Kioko: Warst du zwischendurch mit jemandem zusammen?
Ike: Nein.
Kioko: Mit dir kann man einfach nicht mehr reden. Was ist es, was dich abhält vom Reden?
Ike: Ich habe dir alles gesagt, was zu sagen war.
Kioko: Ein Mensch ist in fünf Jahren zu mehr imstande, als verwirrt zu sein.
Sie essen schweigend. Kioko hat einen Lachanfall.
Ike: Was ist?
Kioko: Nichts, es ist einfach nur komisch. Eines schönen Tages vergiftest du mich und lässt mich hier zugrunde gehen. Ich liege im Koma. Und danach esse ich mit dir zu Hause Abendbrot.
Übrigens, vergiften. Wird heutzutage noch spezielles Gift zum Vergiften von Menschen verkauft?
Ike: Ja.