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Kaiserverlag
Besetzung: 1D / 2H / 1DEK
Rechte:
frei zur DEA

Wenn der Mutter sich die Brust mit Wonne füllt, wenn der Junge seinen Tod erzählt, wenn dem Mann beim Haare waschen das Wasser über die Kopfhaut rieselt.
Der Anlass des Stückes ist die grausame Ermordung des 17-jährigen Marinus Schöberl im brandenburgischen Potzlow im Juli 2002.
Der tote Junge ist die Achse, um die sich die einzelnen Szenen gruppieren. Nicht die Ursachen für das Unsagbare werden untersucht, sondern die Verläufe und die Sichtbarkeiten an der Oberfläche. Der Mann berichtet über das Haare waschen bei seiner Frisörin, die Mutter schildert die Wonnen der Schwangerschaft und der Junge erzählt seine Tötung.
Auch im Tode bleibt der Junge auf der Bühne und hält Zwiesprache mit den Lebenden. Die Dinge laufen weiter wie in einem verspäteten Frühling, aber die Zeit steht still. Keine andere Form vermag den Schrecken und das Unsagbare besser auszudrücken als die Dramatisierung des Sturmes im Wasserglas.
Der Titel „Martinisommer“ ist die wörtliche Übersetzung des italienischen Begriffs „estate di San Martino“ (Sommer des heiligen Martin), was in etwa „Altweibersommer“ oder „Indian Summer“ bedeutet.

Das Stück entstand im Rahmen der Werkstatttage 2003 am
Wiener Burgtheater, zu denen Toni Bernhart – zusammen mit
acht weiteren AutorInnen – vom Deutschen Literaturfonds und
dem Wiener Burgtheater eingeladen wurde.

Hinweis in diesem Zusammenhang:
Neben Andres Veiels Stück DER KICK, das demnächst am Berliner Gorki-Theater und am Theater Basel uraufgeführt wird, ist Toni Bernharts MARTINISOMMER die bislang einzige künstlerische Auseinandersetzung mit dem grausamen Vorfall in Potzlow im Juli 2002.