Zum Inhalt der Seite springen
Kaiserverlag

Kassandra.

Profitheater Dramatik, Zeitstücke
Besetzung: 3D / 5H / / 6Stat / Sim / Simultanbühne
Rechte:
frei zur UA

Troja, kurz bevor das Drama um Paris und Helena beginnt.
Kassandra, Königstochter und Seherin, will sich nicht der Lebensweise unterordnen, für die sie als Frau bestimmt zu sein scheint. Sie ist klug, tapfer und wortgewandt. Das kommt bei den Männern nicht gut an. Allen voran ihr Bruder Paris verachtet sie deswegen.
Die Vergewaltigungen und Morde an Frauen steigen bedrohlich an. Kassandra will ein Frauenhaus schaffen, wendet sich an ihren Vater, König Priamos. Doch der ist längst wieder mit seinen Gedanken beim Krieg. Er will seine Söhne Hektor und Paris nach Griechenland schicken, um seine Schwester aus den vermeintlichen Klauen von Telamon zu befreien. Auf Anraten von Kassandra sollen sie zuerst auf Dialog setzen. Doch Priamos und Paris sowie ein Großteil des Senats wollen Krieg. Statt gegen die Monster in ihren eigenen Reihen vorzugehen, die Frauen überfallen, vergewaltigen und morden, ziehen sie gegen Griechenland. Kassandra sieht das Ende kommen, doch den Warnungen einer jungen Frau wird kein Gehör geschenkt.
Griechische Mythologie in einer aktuellen, lebendigen Sprache. Kompakt und dynamisch.

Leseexemplar zum Download

Leseprobe

VII

APOLLON.
Kassandra, Kassandra, Kassandra, schönste Tochter Priamos‘, wie gern tanzte ich mit dir zum Klang der Leier. Die Leier erklingt.
KASSANDRA.
Hält inne. Da bist du nicht der einzige, glaube mir. Tanzen tue ich nur allein. Außerdem fehlt dir meine Zustimmung, Fremder. Wie kamst du an den Wachen vorbei?
APOLLON.
Wie sprichst du mit mir? Du wirst doch wissen, wer hier naht. Hast du unsere Nacht schon wieder vergessen?
KASSANDRA.
Und wenn es ein Gott wär‘, wär‘ es mir herzlich egal.
APOLLON.
Du sprichst schneller als du denkst, meine Liebe. Pass nur auf, sonst fällst du mit dem Übermut. Schönheit schützt vor Strafe nicht.
KASSANDRA.
Deine Liebe bin ich noch lange nicht. Du sprichst mit einer Prinzessin, einer Frau, also solltest du aufpassen, was aus deinem bärtigen Maul kommt. Was schön und was nicht entscheiden angeblich die Götter und kein Voyeur.
APOLLON.
Und wenn ich ein Gott bin.
KASSANDRA.
So verschwimmt die Grenze zwischen Göttern und Voyeuren.
APOLLON.
Dein Stolz zieht mich an.
KASSANDRA.
Und deine Augen mich aus, das kann ich fühlen.
APOLLON.
Dann komm doch zu mir. Mich reizt deine Gestalt.
KASSANDRA.
Wenn ich doch nur wüsste, wo sich der Feigling versteckt!
APOLLON.
Das wirst du früh genug zu spüren bekommen.
KASSANDRA.
Ich fühle nichts, hast du etwa schon angefangen?
APOLLON. Lacht laut
KASSANDRA.
Zu lachen gibt’s hier wenig. Falls du ein Gott sein solltest, so bist du nicht meiner, denn ich glaube nicht an euch und eure lächerlichen Bräuche. Da ich ein Kind war und nicht wusste, wohin mit meinem Leben, da glaubte ich an euch und daran, dass da oben jemand sitzt mit Ohren zu hören meine Klagen und einem Herz, das sich meinem Leid annimmt. Aber wer half mir denn im größten Kummer, als ich an diesem verfluchten Hof nur belächelt wurde? Hat mich nicht mein eigenes, junges Herz gerettet? Wo wart ihr? Ich spucke auf euch Götter! Hier! Nimm dir, was dir nicht gehört, du Elender! Wir Menschen sind es, die ihr braucht zum Leben, aber wir brauchen euch nicht mehr. Ihr seid Null. Nichts. Alte Statuen in leeren Tempel. Verstaubte Ruinen in den Köpfen der Idioten!