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Kaiserverlag

Ich, Galileo

in medio omnium residet corona
Profitheater Dramatik, Zeitstücke Monologe
Autor:
Gernot Plass
Besetzung: 1H / Simultanbühne
Rechte:
frei zur DEA
Typ:
"Wissenschaft im lockdown"
Anmerkung:
80 Min
© TAG, Wien, 2021

Unsere Gegenwart ist geprägt vom erbitterten Kampf um Welterzählungen – ob auf den Feldern der Geschichte, der Klimaforschung, der Geopolitik oder der Evolution. Oftmals sind diese Erzählungen und Positionen obskur und sehr leicht durch vernünftige Argumentation zu entkräften. In manchen anderen Fällen eröffnen sie aus den gleichen theoretischen Überlegungen eine verbotene, weil von der Meinung der Herrschenden abweichende Ideologiekritik. Die Positionen sind mitunter militant. Man sondert sich in die eigenen Echoräume ab und lässt Anderslautendes nicht mehr zu.
Ausgehend von der Debatte um den „Fall“ Galileo Galilei beleuchtet Gernot Plass in diesem Theaterabend die Frage, wie es Menschen ergeht, die in ihrer abweichenden Kritik an einer vorherrschenden Welt-Anschauung auf eine Wand der Ablehnung stoßen, und setzt sich mit dem Begriff der Wahrheitsfindung auseinander. Wissenschaftliche Debatte, Minderheiten-Positionen, Fairness und Demokratie werden entlang einer historischen Analogie verhandelt. (TAG)

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Leseprobe

SATAN- Doch die Wahrheit, lieber Ge., ist eine Tochter der Beherrscher.
LANZ- Nicht der Zeit?
SATAN- Das auch. Das auch. Jedoch wer herrscht, herrscht über sie.
(die Wahrheit und auch über seine Zeit)
LANZ- Ein guter Sager und - das heißt?
SATAN- Das heißt: Das herrschende Erachten, jetzt und hier
und nicht das kritische ist schlagend.
Möge sich die Erde noch so munter
um die Sonne dreh´n und auch die Monde
Jupiters da draußen ihre Lichtstrahl´n
dort in seine Röhre senden, wird es
dennoch keinen Umsturz in der Lehre
geben, die die Kirche "vorzieht" und
das nicht, weil man für ketzerisch erachtet,
was Herr Ge. gesagt. Nein. Oder
seine Lehre falsch ist. Gott behüte!
Sondern: Weil die andre Lehre herrscht.
LANZ- Nicht schlecht. Ein fettes 1:1 von unserem
Bruder Kreutel: "Meinung herrscht! Kritik,
die ihr zuwiderläuft, wird nicht gehört."
HERR G.- Nein, nicht nur nicht gehört, bedroht!
LANZ- Ach ja?
HERR G.- Berufs-Entzug! Soziale Ächtung! Und
in letzter Konsequenz: der Scheiterhaufen.
LANZ- Bruder Kreutel. Existiert in dieser Welt das Fernrohr,
geht das alte Weltbild unter. Nicht?
SATAN- Das Weltbild ja, doch nicht die Herrschaft.
LANZ- Ach? Das müssen Sie erklär´n!
HERR G.- Das ist doch alles so durchschaubar.
SATAN- Freund, Sie überschätzen
sehr die Fähigkeit der Menschen
folgerechte Schlüsse aus den Daten
sich zu zieh´n. Nicht jeder, der dort helle
Pünktchen sieht in diesem Rohr wird mit
derselben harten Logik, die Herrn Ge.
so ehrt, das Haus zerstören, das ihm Schutz
vor Unbill, Wetter, Sturm und einem kalten
Raum der Führungslosigkeit gewährt.
Wir haben es ganz gern warm, wir Menschen.