Drei-Euro-Oper, Die
Das Moneten-Musical fürs nächste JahrtausendProfitheater Musikdramatische Werke
- Autor:
- Heinz R. Unger
- Musik:
- Michael Pichler
Wäre Brecht nicht Augsburger gewesen, sondern ein Zeitgenosse "from Austria" hätte er wahrscheinlich diese "Drei-Euro-Oper" geschrieben.
Im wilden Wien ist dem Unternehmerehepaar Herrn und Frau Pietschmann das Töchterchen Poldi abhanden gekommen. Die treibt sich mit dem halbseidenen Ganoven Charly Machatschek und dessen Böser-Buben-Bande in der ruchlosen Unterwelt herum und wird die Frau dieses Freudenhausbesitzers. Natürlich ganz zum Entsetzen der guten Eltern, die nun im Gegensatz zu ihren unmoralischen Geschäftsprinzipien Anstand und den arg strapazierten Moralbegriff wieder hochhalten.
Gemeinsam mit dem Polizeichef Hofrat Braunederl, der die an Charly Machatschek verlorene Ehre seiner Tochter Luzie zu rächen beabsichtigt, zieht Pietschmann schwer bewaffnet los, um dem Bigamisten den Garaus zu machen. Vergessen sind da die unseriösen geschäftlichen Beziehungen zum Etablissementbetreiber Machatschek, den der "Humankapitalist" Pietschmann mit naiven Mädchen aus dem Osten versorgt und die in der Metropole zu leichten Mädchen werden müsssen.
In seiner Bar "Sodom und Gomorrha" wird Machatschek mit der Jagdflinte gestellt und da hilft kein Bitten und kein Betteln mehr, dem Charly Machatschek scheint die letzte Stunde zu schlagen. Doch als Charly der "Jagdgesellschaft" vorwirft in einer primitiven Racheorgie den europäischen Vereinigungsgedanken mit Füßen zu treten, findet er wieder Gehör. Seine Vision von einer den ganzen Kontinent umspannenden Holding mit dem Namen "Mensch 2000" rettet ihm das Leben. Schlagworte wie "Osterweiterung" und "Fusionierung" müssen hier für Kapitalismus und Gaunerei im Dunstkreis der Menschenschlepperei und Zuhälterei herhalten und werden vom Autor in ihrer Struktur mit den wirtschaftlichen Interessen eines modernen Europas als nahezu ident entlarvt.
Beim hohen Lied von den Moneten ist man sich schnell wieder einig. Der Mensch bleibt auch im neuen Jahrtausend, was er ist, und die Moral wird einmal mehr hinten angestellt:Das ist das Lied von den Moneten
von dem globalen Blutkreislauf.
Es geht um Mäuse und um Kröten.
Da hört sich jede Ethik auf."
Das einzige, was sich geändert hat, ist die neue Währung, mit der die Mechanismen des Kapitalismus aufrechterhalten bleiben. Der Tanz uns goldene Kalb ist so wild wie ehedem.
Heinz R. Unger ist ein modernes Musical gelungen, das das ausgehende Jahrtausend gnadenlos beleuchtet und das kommende, euphorisch erwartete, mit Brechtscher Kapitalismus-Kritik am Beispiel Österreichs versieht und respektlos sowie witzig ins kommende Jahrtausend transferiert.