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Kaiserverlag

Bestiarium der Liebenden

Eine Idylle mit Leiche
Profitheater Modernes und traditionelles Volkstheater
Autor:
Harald Darer
Besetzung: 2D / 1H / 1DEK
Rechte:
Frei zur UA
Typ:
Farce

Herr und Frau Fuchs treffen sich wie immer bei Witwe Ziesel zum Kartenspiel. Doch dieses Mal ist alles anders, denn Frau Ziesel ist seit Kurzem auch Ex-Mutter. Sohn Wolfi liegt tot im Hintergrund aufgebahrt.
Und so werden vor dieser makabren Szenerie persönliche Leidenswege und politische Sachverhalte erörtert. Dabei entfaltet sich ein skurriles, religiös verbrämtes und kleinbürgerliches Weltbild, das in seiner Verschrobenheit, seinem Alltagsrassismus und seinen Ressentiments tief blicken lässt. Aber auch die Verstrickungen untereinander offenbaren Perversionen, ehelichen Betrug und die Gefährlichkeit der Zukurzgekommenen.
Die Gefangenschaft in sich wiederholenden Ritualen und die abgründigen Gemeinheiten sind aber niemals ohne Humor und die Lust am Sezieren kleinkrämerischer Volkskörper.
Harald Darer belebt eine moderne und wortgewaltige Volkstheatertradition aufs Neue.


Leseprobe

SZENE 1

Zeigt mit ausgestrecktem Arm auf den Sarg
FRAU ZIESEL: Das Verfahren ist mit Tod abgeschlossen, Sie verstudierter Schlampen!, Sie Bürokratinnenmumie Sie!, mein Wolfi ist eine Justizirrtumsleiche, das wissen Sie genau, oder können Sie sich nicht mehr daran erinnern?
HERR FUCHS: Ja, ja, die Erinnerung ist tückisch, ich erinnere mich zum Beispiel an das erste Rendezvous mit meiner Hübschen nur mehr daran, dass ich mir bei dem Picknick, das wir an einem Augustsonntag im Stadtpark gemacht haben, gedacht habe, schon komisch, dass, wenn man auf einer Wiese sitzt, auf die wochenlang die Sonne draufgeheizt hat, man immer noch einen feuchten Film auf dem Arsch bekommt, der sich anfühlt, als hätte man sich leicht und dünn in die Hose geschissen, kennen Sie das?
Nimmt einen Schluck Eierlikör
FRAU FUCHS: Beugt sich zu Frau Ziesel, legt ihre Hand auf ihre.
Sind wir wieder gut miteinander?, ich weiß ja, wie das ist, schlimm, wenn einen die eigenen Kinder im Stich lassen, sehr schlimm. Der Wolfi hat halt von seinem Fremdkörpereinpflanzer nichts Gescheites mitbekommen. Glauben Sie, meine Fortpflanzungsröhre ist zufällig fünfundzwanzig Tage im Monat mit Watte verstopft?
Deutet mehrmals mit dem Kopf zu Herrn Fuchs
Wir Frauen sind entperlte Flügelmuscheln!, nicht wahr? Der Säugling ist ja nicht nur neun Monate im Unterleib, nein, man hat ihn schon vorher die ganze Zeit drinnen gehabt, all die Jahre, all die Jahre, und dann …
tut so, als erhänge sie sich mit einem Strick
… stimmt´s, Frau Ziesel?, stimmt doch, oder?